Leitsatz (amtlich)

Die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung des § 899 BGB kann insbesondere durch langes Zuwarten trotz Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs widerlegt werden.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Aktenzeichen 10 O 126/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 24.05.2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Antragsteller veräußerten als damals im Grundbuch eingetragene Eigentümer (vgl. Grundbuchauszug gem. Anl. K7, S. 12) das nunmehr im Grundbuch von H., Bl. ..., Flur ..., Flurstück ..., laufende Nr. ... eingetragene Grundstück durch notariellen Kaufvertrag des Notars Dr. N. vom 15.05.2014 (K2) an die Antragsgegnerin zu 2., welche am 18.09.2014 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde (vgl. Grundbuchauszug gem. Anl. K7, S. 12). Diese wiederum ließ das Grundstück zu Gunsten der Antragsgegnerin zu 1. auf, welche am 19.05.2015 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde (vgl. Grundbuchauszug gem. Anl. K7, S. 13). Am 20.12.2016 wurde eine Vormerkung zu Gunsten des Q an dem streitgegenständlichen Grundstück ins Grundbuch eingetragen (vgl. Grundbuchauszug gem. Anl. K6, S. 11), wovon der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller am 15.05.2017 Kenntnis erlangte.

Bereits mit Schreiben vom 15.12.2014 wies der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller den ebenfalls am notariellen Kaufvertrag vom 15.05.2014 beteiligten Insolvenzverwalter Wiesner darauf hin, dass das streitgegenständliche Grundstück O. 135 mit dem aufstehenden Fachwerkhaus irrtümlich in dem notariellen Kaufvertrag aufgeführt und an die Antragsgegnerin zu 2. übertragen worden sei und forderte den Insolvenzverwalter auf, "... für die Rückübertragung Sorge zu tragen" (K3, drittletzter Absatz). Mit Schreiben vom 16.01.2015 (K4) und 13.02.2015 (K5) versuchte der Insolvenzverwalter vergeblich die Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks von der Antragsgegnerin zu 2. zu erreichen.

Nachdem die Antragsteller erfolglos vor dem Landgericht Hagen einen Prozess gegen den Insolvenzverwalter durchgeführt hatten, da diesem der von den Antragstellern behauptete Fehler der Aufführung des streitgegenständlichen Grundstückes in dem notariellen Kaufvertrag vom 15.05.2014 ihrer Ansicht nach hätte auffallen müssen, änderte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller seine Strategie und empfahl den Antragstellern mit Schreiben vom 10.04.2017 (K11) und 07.04.2017 (K12) unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 25.03.1983, Az. V ZR 268/81, nunmehr einen Antrag auf Grundbuchberichtigung gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 1. geltend zu machen.

Mit Schriftsatz vom 12.05.2017 (K10) wies der Bevollmächtigte der Antragsgegner gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller die Unrichtigkeit des Grundbuches zurück, woraufhin die Antragsteller mit am 24.05.2017 beim Landgericht Hagen eingegangenen Schriftsatz den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgenden Anträgen begehrt haben:

1. Im Grundbuch von H., Bl. ..., Flur ..., Flurstück ..., laufende Nr. ..., wird in Abteilung II zu Gunsten der Antragstellerin zu 1. sowie zu Gunsten der Antragstellerin zu 2. ein Widerspruch gegen die Eigentümerstellung der Antragsgegnerin zu 1. und die Eigentümerstellung der Antragsgegnerin zu 2. eingetragen.

2. Das Grundbuchamt wird gemäß § 941 ZPO um die Eintragung des Widerspruchs gemäß des Antrags zu 1. ersucht.

Das Landgericht hat das Begehren mit Beschluss vom 24.05.2017 (Bl. 22 ff. d.A.) zurückgewiesen. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, es liege kein Verfügungsgrund vor, weil die Antragsteller das Eilbedürfnis ihres Begehrens durch ihr langes Zuwarten selbst widerlegt hätten.

Gegen den den Antragstellern am 30.05.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 01.06.2017 beim Landesgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller, mit welcher diese ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen. In der Beschwerdebegründung vertiefen die Antragsteller ihr bisheriges Vorbringen und führen insbesondere aus, dass eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 899 Abs. 2 S. 2 BGB ihrer Ansicht nach nicht gegeben sei.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 02.06.2017 (Bl. 54 f. d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569, 922 Abs. 1 S. 1, 936, 937 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 24.05.2017 ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht den von den Antragstellern beantragten Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Vorliegens eines Verfügungsanspruchs zurückgewiesen. Die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff ZPO i.V.m. § 899 Abs. 2 BGB mit dem Ziel der Eintr...

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