Leitsatz (amtlich)
Heimfallklauseln gemäß § 2 Nr. 4 ErbbauRG, die an die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Erbbaurechts anknüpfen, müssen wegen § 9 Abs. 4 ErbbauRG grundsätzlich einschränkend ausgelegt werden, soweit es um Zwangsmaßnahmen geht, die ausschließlich vom Grundstückseigentümer wegen rückständiger Erbbauzinsen betrieben werden. Auch in diesem Fall setzt der Heimfallanspruch grundsätzlich einen Erbbauzinsrückstand in Höhe zweier Jahresbeträge voraus.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 011 O 294/12) |
Tenor
Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Vergleichs vom 25.9.2014 werden der Klägerin auferlegt.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 7.11.2013 (Bl. 345 der Akten) endgültig auf bis zu 650.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien haben über wechselseitige Ansprüche aus einem Erbbaurechtsvertrag gestritten. Während die Klägerin den Heimfall des Erbbaurechts geltend gemacht hat, hat die Beklagte widerklagend die Übereignung des Erbbaugrundstücks verlangt.
Ziffer II. Abs. 4 § 10 des notariellen Erbbaurechtsvertrags der Parteien vom 11.09.2002 lautet unter der Überschrift "Heimfall" auszugsweise wie folgt:
"(1) Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, die Übertragung des Erbbaurechts auf sich oder einen von ihm zu bezeichnenden Dritten auf Kosten des Erbbauberechtigten zu verlangen - Heimfall -, wenn
a) die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung des Erbbaurechts angeordnet wird und beide Maßnahmen vom Erbbauberechtigten nicht binnen 3 Monaten rückgängig gemacht wird;
b) über das Vermögen des Erbbauberechtigten das Insolvenz- oder Vergleichsverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird;
c) der Erbbauberechtigte mit der Zahlung des Erbbauzinses in Höhe von zwei Jahresraten im Rückstand ist".
In Ziffer II. Abs. 4 § 11 heißt es unter der Überschrift "Ankaufsrecht":
"Der Grundstückseigentümer ist auf Verlangen des Erbbauberechtigten verpflichtet, diesem das Erbbaugrundstück zu einem Preis zu verkaufen, der bereits heute fest vereinbart wird mit 205,00 EUR pro Quadratmeter, jedoch wertgesichert sein soll durch folgende Wertsicherungsklausel: (...).
Das Recht, den Ankauf des Erbbaugrundstücks zu verlangen, steht dem Erbbauberechtigten nur während der Dauer des Erbbaurechts und erst nach Ablauf von zehn (10) Jahren und nur bis zum Ablauf von zwölf (12) Jahren ab heute zu."
Auf Antrag der Klägerin ordnete das Amtsgericht Rheine - Vollstreckungsgericht - durch Beschluss vom 23.07.2012 die Zwangsverwaltung des Erbbaurechts an, und zwar wegen rückständiger Erbbauzinsen in Höhe von insgesamt 18.945,50 EUR für die Monate Februar bis Juni 2012. Durch Zahlungen vom 02. und 28.08.2012 beglich die Beklagte die Erbbauzinsrückstände bis einschließlich Juli 2012.
Mit Schreiben vom 12.09.2012 übte die Beklagte ihr Ankaufsrecht gemäß § 11 des Erbbaurechtsvertrags aus.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 23.10.2012 unter Hinweis auf das laufende Zwangsverwaltungsverfahren den Heimfall des Erbbaurechts gemäß § 10 des Erbbaurechtsvertrags geltend und verlangte die Übertragung des Erbbaurechts auf sich.
Mit Beschluss vom 21.05.2013 hob das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren auf.
Das LG hat die auf Übertragung des Erbbaurechts gerichtete Klage abgewiesen und der auf Übereignung des Erbbaugrundstücks gerichteten Widerklage stattgegeben. Hiergegen hat sich die Berufung der Klägerin gerichtet. Im Berufungsverfahren haben die Parteien einen Vergleich geschlossen.
Entscheidungsgründe
Gemäß Ziff. 9. des Vergleichs vom 25.9.2014 ist durch Beschluss unter Anwendung der Grundsätze des § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu entscheiden, also nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Der Vergleichsinhalt bildet nicht den Maßstab der Kostenverteilung.
Es entspricht billigem Ermessen, der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens und des Vergleichs aufzuerlegen, da ihre Berufung nach Auffassung des Senats vollumfänglich unbegründet war. Das LG hat zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
1. Die Begründetheit der Widerklage folgt daraus, dass die Beklagte mit Schreiben vom 12.9.2012 wirksam das Ankaufsrecht gem. § 11 des Erbbaurechtsvertrags vom 11.9.2002 ausgeübt hat, wodurch ein Kaufvertrag der Parteien über die Flurstücke ...1, ...2 und ...3 zustande kam mit der Folge eines entsprechenden Übereignungsanspruchs der Beklagten gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zur näheren Begründung wird auf die ebenso sorgfältigen wie überzeugenden Ausführungen des LG im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend ist festzuhalten, dass hinsichtlich der nicht vom Erbbaurecht erfassten Flurstücke ...2 und ...3 lediglich ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht bestand, was im Ergebnis jedoch keine Rolle spielt.
2. Der Senat teilt auch die Ansicht des LG, dass die auf Übertragung des Erbbaurechts an die Klägerin gerichtete Klage unbegründet war, da die Klägerin nicht berechtigt ...