Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 09.11.2010; Aktenzeichen 12 O 357/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 9. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert für die Berufung: 9.602,06 €

 

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine in der Türkei ansässige Gesellschaft, auf deliktischer Grundlage auf Zahlung von Schadensersatz wegen eines Kapitalanlagegeschäfts in Höhe des Anlagebetrages von 9.620,06 € (= 18.780 DM) nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Anspruch.

Die zunächst beim Landgericht Hagen am 22.01.2008 anhängig gemachte Klage hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.08.2008 (Bl. 20) insoweit zurückgenommen, als sich die Klage gegen eine weitere Beklagte (L) gerichtet hat. Zudem hat der Kläger Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Dortmund beantragt.

Mit Verfügung vom 15.08.2008 - nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses - hat das Landgericht Hagen das schriftliche Vorverfahren angeordnet und der Beklagten Fristen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft (zwei Wochen) und zur Erwiderung auf die Klage (weitere drei Wochen) gesetzt. Nach Anordnung der Auslandszustellung durch den Kammervorsitzenden mit Verfügung vom 01.09.2008 hat das Landgericht mit (Kammer)Beschluss vom 03.11.2008 bestimmt, dass die Beklagte binnen einer Frist von zwei Wochen einen Zustellungsbevollmächtigten mit Sitz in Deutschland zu benennen habe, und darauf hingewiesen, dass anderenfalls spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung durch Aufgabe zur Post bewirkt werden könnten, wobei das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt gelte.

Die in die türkische Sprache übersetzte Klageschrift ist der Beklagten nebst Schriftsatz vom 28.08.2008, richterlichen Verfügungen vom 15.08.2008 und 01.09.2008 sowie beglaubigter Abschrift des Beschlusses vom 03.11.2008 am 15.07.2009 förmlich zugestellt worden.

Nach Verweisung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 26.08.2009 an das Landgericht Dortmund hat die dort zuständige Zivilkammer durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter, dem der Rechtsstreit gem. § 348a ZPO zur Entscheidung übertragen worden war, die Beklagte durch Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren am 25.03.2010 verurteilt, an den Kläger 9.602,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2000 zu zahlen. Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB angenommen und der Beklagten das Verhalten eines ihrer Mitarbeiter zugerechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 71R ff. GA). Zugleich hat das Gericht in dem Urteil für die Einlegung des Einspruchs eine Frist von drei Wochen bestimmt.

Die Zustellung der Ausfertigung des Versäumnisurteils ist im Wege der Zustellung durch Aufgabe der Post gem. § 184 ZPO veranlasst worden, die am 01.04.2010 erfolgte.

Auf Antrag des Klägers hat die Einzelrichterin am 20.04.2010 die erneute Zustellung des Versäumnisurteils gem. § 183 ZPO angeordnet. Sie ist am 13.10.2010 erfolgt.

Gegen das Versäumnisurteil hat die nunmehr anwaltlich vertretene Beklagte mit am 26.10.2010 beim Landgericht eingegangenem Telefax Einspruch eingelegt. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Zustellung des Versäumnisurteils erst am 13.10.2010 erfolgt sei.

Mit Urteil im schriftlichen Verfahren am 09.11.2010 - jedoch ohne Berücksichtigung der erst am 11.11.2010 eingegangenen Begründung des Einspruchs - hat das Landgericht den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen, da er nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Der Lauf der Einspruchsfrist beginne mit Zustellung des Urteils, die vorliegend durch Aufgabe zur Post gem. § 184 ZPO erfolgt sei, so dass nach § 184 Abs. 2 S. 1 ZPO das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post, die hier am 01.04.2010 erfolgt sei, als zugestellt gelte. Da die Einspruchsfrist gem. § 339 Abs. 1 ZPO zwei Wochen betrage, sei sie durch den erst am 26.10.2010 bei Gericht eingegangenen Einspruch nicht gewahrt worden.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie vertritt die Ansicht, dass eine Zustellung des Versäumnisurteils auf dem Postwege sowohl gegen Art. 10 HZÜ als auch gegen Artt. 9 ff. des Deutsch-türkischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Zivil und Handelssachen verstoße, da diese Regelungen den Bestimmungen der ZPO vorgingen. Tatsächlich sei die Zustellung keine Inlandszustellung, da sie nach dem HZÜ eine Auslandszustellung sei, so dass eine andere Handhabung gegen Art. 25 GG verstoße. Darüber hinaus sei zu beachten, dass der ...

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