Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 28.11.2017; Aktenzeichen 9 O 254/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017 verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 13.März 2018
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017 verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Verfügungsbeklagte bleibt verurteilt, es zu unterlassen, im Internet auf dem Portal www.....de hinsichtlich des Profils der Verfügungsklägerin bei der Patientenbewertung vom 23. Juni 2017 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, die Verfügungsklägerin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz tragen zu × die Verfügungsklägerin und zu 1/4 die Verfügungsbeklagte.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die Verfügungsklägerin ist eine in X tätige Zahnärztin, die bei dem Ärztebewertungsportal ....de registriert ist.
In das Bewertungsportal stellte ihre Patientin Frau T unter dem 23.6.2017 eine Bewertung ein, die unter anderem folgende Punkte enthielt: "Die Kommunikation von Frau W ist problematisch: sie verzichtet auf die einfachen Komm. Grundregeln und eine Aufklärung / Beratung. Die Prothetik Lösungen von Frau W waren zum Teil falsch..."
Die Bewertung enthielt darüber hinaus weitere Äußerungen, die jedoch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
Die Verfügungsklägerin erhielt von der Bewertung erstmals am 30.6.2017 Kenntnis und beanstandete diese nachfolgend. Die Verfügungsbeklagte stellte daraufhin zunächst die Bewertung offline. Nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens wurde die Bewertung am 10.10.2017 wieder veröffentlicht.
Die Parteien haben erstinstanzlich insbesondere darüber gestritten, ob wegen des vorprozessualen Zeitablaufs ein Verfügungsgrund fehle, ferner, ob es sich bei den beanstandeten Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt, oder um Werturteile, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind.
Das Landgericht hat dem Antrag insoweit stattgegeben. Es hat zur Unterlassung der Behauptungen verurteilt, die Verfügungsklägerin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung, und die Prothetiklösungen der Verfügungsklägerin seien zum Teil falsch.
Durch die Wiederveröffentlichung der Wertungen am 10.10.2017 habe die Verfügungsbeklagte ihre Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Verfügungsklägerin aus den Nutzungsrichtlinien verletzt. Bei den Passagen handele es sich um Tatsachenbehauptungen zu gravierenden Behandlungsfehlern oder ähnlichen schweren Vorwürfen. Insoweit stelle die Veröffentlichung eine Verletzung von Nebenpflichten aus dem Nutzungsvertrag dar. Überdies handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die zu einer rechtswidrigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führten. Dagegen lägen keine geschützten Meinungsäußerungen vor, weil die streitgegenständlichen Behauptungen dem Beweis zugänglich und deshalb als Tatsachenbehauptungen einzuordnen seien.
Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, die das Begehren auf vollständige Antragsabweisung weiter verfolgt.
Sie ist der Auffassung, dass es bereits an einem Verfügungsgrund fehle, weil die Klägerin erst ca. 4 Monate nach Kenntnisnahme der Bewertung die einstweilige Verfügung beantragt und noch in der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass begehrt habe.
Es bestünden auch keine Verfügungsansprüche. Soweit sich die Klägerin auf Angaben aus der Patientenkartei der Frau T stütze, bestehe insoweit ein Verwertungsverbot wegen der ärztlichen Schweigepflicht.
Die Beklagte rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil ihr der letzte nachgelassene Schriftsatz der Klägerin erst unmittelbar mit dem Urteil zugestellt worden sei. Inhaltlich bestreitet die Beklagte die in dem Schriftsatz vom 17.11.2017 aufgestellten Behauptungen.
Unterlassungsansprüche ergäben sich nicht aus einer angeblichen Verletzung von Nutzungsrichtlinien, weil es auch bei Premiumkunden keine Nebenpflichten gebe, die Bewertungen auf Einhaltung der Nutzungsrichtlinien zu überprüfen. Überdies würden die Nutzungsrichtlinien in schwerwiegenden Fällen empfehlen, gerade keine Bewertung zu verfassen.
Es liege auch keine Verletzung von vorprozessualen Prüfpflichten vor. Die für eine Prüfung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen habe die Beklagte erfüllt. Sie habe versucht, den Sachverhalt aufzuklären.
Eine Pflichtverletzung ...