Leitsatz (amtlich)
Scheitert der Abschluss eines Mietvertrages über eine Immobilie, begeht der Vermieter verbotene Eigenmacht, wenn er den Mietinteressenten, dem die Mietsache bereits überlassen wurde, gegen seinen Willen aus dem Besitz setzt. Diese vorsätzliche unerlaubte Handlung schließt eine Aufrechnung des Vermieters mit ihm zustehenden Schadensersatzansprüchen aus. Zudem macht sich der Vermieter selbst schadensersatzpflichtig, wenn er zu Unrecht zurückgehaltene Sachen des Mietinteressenten im Anschluss an die Inbesitznahme veräußert oder entsorgt. Bei der Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast für einen Schadensersatzanspruch des Mietinteressenten ist das Urteil des BGH vom 14.07.2010 (Az. VIII ZR 45/09) zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB §§ 231, 393, 823, 858
Verfahrensgang
LG Siegen (Aktenzeichen 2 O 130/17) |
Tenor
Der Kläger hat das Rechtsmittel der Berufung, soweit sich dieses gegen den Beklagten zu 2.) gerichtet hat, verloren, nachdem er seine gegen den Beklagten zu 2.) gerichtete Berufung zurückgenommen hat.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.07.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen, soweit mit diesem die gegen die Beklagten 1.) und 3.) gerichtete Klage abgewiesen wurde, aufgehoben.
Die gegen die Beklagten zu 1.) und 3.) gerichtete Klage wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Schadenshöhe an das Landgericht Siegen zurückverwiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2.). Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung, auch hinsichtlich der weiteren Kosten des Berufungsverfahrens, dem Landgericht vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1.) bis 3.) als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz für Gegenstände in Anspruch, die nach seinem Behaupten von ihm bzw. der Firma A UG auf ein der Beklagten zu 3.) gehörendes Gewerbegrundstücks gebracht und später von den Beklagten in Besitz genommen und anschließend zum Großteil entsorgt bzw. verkauft wurden.
Der Beklagte zu 1.) ist zusammen mit seiner Ehefrau C B Gesellschafter der Beklagten zu 3.), der B GbR, die Eigentümerin des Gewerbegrundstücks Dstraße 00 in E war, das mit einer Gewerbehalle nebst Wohnhaus sowie weiteren kleinen Hallen bebaut ist. Als die Beklagte zu 3.) das Gewerbegrundstück Anfang des Jahres 2013 verkaufen wollte, kam es zum Kontakt und zu Vertragsverhandlungen mit dem Kläger, der Mitgesellschafter und damals auch alleiniger Geschäftsführer der Firma A UG (im Folgenden: A UG) war, die später Mitte des Jahres 2013 in eine GmbH umgewandelt wurde. Im Zuge der Vertragsverhandlungen verständigten sich der für die Beklagte zu 3.) handelnde Beklagte zu 1.) und der Kläger darauf, dass das Gewerbestück bei einer gleichzeitigen Einräumung einer Kaufoption zunächst für die Dauer von 2 Jahren nur vermietet sein sollte. Für die Zeit ab März 2013 sollte eine Miete von 1.500,- EUR zuzüglich Mehrwertsteuer und beginnend ab Juni 2013 eine Miete von 1.700,- EUR zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen sein. Ob der Kläger bei den mündlichen Vertragsverhandlungen in seinem eigenen Namen handelte oder namens der A UG, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig sollte jedoch der genaue Inhalt des Mietkaufvertrages noch von einem Notar ausgearbeitet werden. Obgleich ein solcher notarieller Vertrag noch nicht vorlag, kam es bereits im Februar 2013 zur Übergabe des Gewerbegrundstücks. In der Folgezeit wurde von der A UG am 08.05.2013 lediglich eine Mietzahlung in Höhe von 1.785,- EUR erbracht, welche von der Beklagten zu 3.) für den Monat März verrechnet wurde. Weitere Zahlungen wurden anschließend vom Kläger mit Hinweis darauf verweigert, dass sich nachträglich in dem Wohngebäude ein umfangreicher Schwarzschimmelbefall gezeigt habe. Unter anderem wegen der daraus resultierenden Unstimmigkeiten kam es letztlich nicht mehr zu dem Abschluss des angedachten notariellen Mietkaufvertrages. Stattdessen erklärte die Beklagte zu 3.) schließlich mit Schreiben vom 04.06.2013 gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung des "Mietverhältnisses".
Ende Juli 2013 nahm die Beklagte zu 3.) den Kläger persönlich vor dem Landgericht Siegen (Az.: 1 O 151/13) auf Räumung des Gewerbegrundstücks und Zahlung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung in Höhe von 16.618,57 EUR in Anspruch mit dem Behaupten, dass bereits bei den im Januar 2013 geführten mündlichen Vertragsverhandlungen zwischen ihr und dem Kläger persönlich ein mündlicher Mietvertrag zustande gekommen sei. Der Kläger verteidigte sich in dem Rechtsstreit unter anderem damit, dass der Mietkaufvertrag gar nicht mit ihm persönlich, sondern mit seiner Firma HWG UG habe geschlossen werden sollen. Im Laufe des Rechtsstreits teilte die Beklagte zu 3.) dem Kläger mit Schreiben vom 17.10.2013 mit, dass sie ihr Vermieterpfandrecht geltend mache. In der mündlichen Verhandlung am 13.12.2013 schlo...