Leitsatz (amtlich)
Überträgt der Rechtsanwalt das Mandat weiter, ohne dies dem Mandanten mitzuteilen, trifft er Dispositionen, die das Verjährungsrisiko für die Forderung des Mandanten erhöhen.
Normenkette
BGB §§ 254, 278, 280
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 28.12.2010; Aktenzeichen 8 O 373/09) |
Tenor
Auf die von ihrem Streithelfer geführte Berufung der Klägerin wird das am 28.12.2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Dortmunds abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 145.828,77 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.5.2002 sowie 1.237,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.10.2009 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung. Nach Abweisung der Regressklage in erster Instanz wird die Berufung von dem in zweiter Instanz beigetretenen Streithelfer der Klägerin geführt. Der Streithelfer und der Beklagte streiten im Wesentlichen darum, wer für die Verjährung einer der Klägerin abgetretenen Werklohnforderung verantwortlich ist.
Die Klägerin, die sich mit der Verwirklichung von Bauprojekten befasst, stand geschäftlich mit der "I-gesellschaft mbh" (fortan: GmbH) in Verbindung. Geschäftsführer der GmbH war T; Gesellschafter waren er und seine Ehefrau (nachfolgend nur: Eheleute).
Mit Darlehensvertrag vom 27.11.2001 gewährte die Klägerin der GmbH ein Darlehen i.H.v. zunächst 380.000 DM bis zum 30.6.2002, später nach und nach erhöht auf 540.000 DM, jeweils nebst Zinsen. Das Darlehen diente zur Finanzierung der Errichtung von Doppelhaushälften. Der vom Geschäftsführer der GmbH unterzeichnete Darlehensvertrag enthielt u.a. folgende Bestimmung: "Die Rückzahlung erfolgt durch Abtretung der Kaufpreiszahlungen der Erwerber ...".
Mit notariellen Verträgen vom 28.11.2001 erwarben die Eheleute zwei Grundstücksparzellen von der Klägerin. Am 30.11.2001 schlossen die Eheleute mit der GmbH zwei Verträge über die Errichtung je einer Doppelhaushälfte. Vereinbart war, dass die Zahlungsansprüche der GmbH gegen Eheleute an die Klägerin abgetreten wurden.
Die Klägerin wollte die GmbH wegen des gewährten Darlehens in Anspruch nehmen und wandte sich Anfang 2002 an den als Rechtsanwalt zugelassenen Streithelfer. Dieser bat den Beklagten, das Mandat zu bearbeiten. Der seit Ende 2001 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Beklagte war für den Streithelfer als freier Mitarbeiter tätig. Das vorliegende Mandat bearbeitete der Beklagte jedoch unter eigenem Briefkopf, der seinen eigenen, von dem des Streithelfers verschiedenen Kanzleisitz nannte. Mündlich vereinbarten der Streithelfer und der Beklagte, dass der Beklagte das Mandat der Klägerin nach außen selbständig bearbeiten sollte. Der Streithelfer sollte 50 % des Honorars des Beklagten erhalten.
Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 18.2.2002 an die Eheleute unter Fristsetzung Zahlung des Werklohns an sich.
Der Beklagte legte keine gesonderte Handakte an, soweit es den der Klägerin abgetretenen Werklohnanspruch gegen die Eheleute betraf; er sah diesen Vorgang als "Anhängsel" zu dem Darlehensanspruch der Klägerin gegen die GmbH an. Der Beklagte wandte sich außergerichtlich mit Schreiben vom 1.3.2002 an die Eheleute und forderte diese auf, den mit der GmbH vereinbarten Werklohn zu zahlen. Er übersandte ihnen mit einem auf den 10.4.2002 datierten Schreiben den Entwurf einer Klageschrift. Er bezweckte damit, Druck auf die Eheleute auszuüben.
Mit Schreiben vom 30.4.2002 an die Klägerin riet der Beklagte, Klage gegen die Eheleute nicht vor Ablauf der Darlehenslaufzeit am 30.6.2002 zu erheben; der Beklagte verwendete in dem Schreiben einen doppelten Betreff: "Klägerin./. GmbH" sowie "Klägerin./. Eheleute".
Der Geschäftsführer der Klägerin übersandte der Kanzlei des Streithelfers per Telefax einen Vermerk vom 24.5.2002 mit einer Klageaufforderung gegen die Eheleute. Der Beklagte, der kein Telefaxgerät besaß und Fax-Schreiben damals über die Kanzlei des Streithelfers bezog, behauptet, dieses Telefaxschreiben nicht erhalten zu haben. Der Beklagte erhob in der Folgezeit keine Klage gegen die Eheleute.
Im Frühjahr 2002 nahmen die Eheleute die Doppelhaushälften ab, so dass die Werklohnforderung der GmbH gegen sie nunmehr fällig war. Der Beklagte erwirkte wegen der Darlehenszinsen Mitte August 2002 einen Mahnbescheid gegen die GmbH. Nach Widerspruch der GmbH wurde der Rechtsstreit an das LG Dortmund abgegeben (10 O 232/02, später 8 O 261/02). Der Beklagte begründete den Anspruch mi...