Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand steht einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO dann nicht entgegen, wenn das als zuständig in Betracht kommende Gericht, das mit der Sache schon befasst war, eine andere Auffassung zur Frage der Zuständigkeit vertritt; die Rechtsauffassung dieses Gerichts ist im Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO nicht zu überprüfen.

 

Tenor

Als zuständiges Gericht für die Klage im Verfahren des AG Karlsruhe 6 C 588/02 gegen die beiden Antragsgegner wird das AG Karlsruhe-Durlach bestimmt.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 27.12.2002 hat die Antragstellerin gegen die Antragsgegner Klage [erhoben] beim AG Karlsruhe [-]. Sie nimmt die Antragsgegner gesamtschuldnerisch in Anspruch auf Zahlung von 4.240,04 Euro nebst Zinsen. Der Antragsgegner Ziff. 1 hat seinen Wohnsitz im Bezirk des AG O. a.M., während der Antragsgegner Ziff. 2 im Bezirk des AG Karlsruhe-Durlach wohnt. Die Antragstellerin hat im Verfahren vor dem AG Karlsruhe zunächst die Auffassung vertreten, das AG Karlsruhe sei örtlich zuständig für die Klage gegen beide Antragsgegner, und zwar einerseits gem. § 29a Abs. 1 ZPO (ausschließlicher Gerichtsstand bei Miet- oder Pachträumen) und andererseits gem. § 32 ZPO (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung).

Am 18.2.2003 hat das AG die Beteiligten darauf hingewiesen, das AG Karlsruhe sei weder nach § 29a Abs. 1 ZPO noch gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Das AG hat seine Rechtsauffassung im Einzelnen begründet und der Antragstellerin anheim gestellt, einen Verweisungsantrag zu stellen an die jeweiligen Wohnsitzgerichte der Antragsgegner. Im Hinblick auf den Hinweis des AG Karlsruhe bittet die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren um Bestimmung eines gemeinsam örtlich zuständigen Gerichts für die Klage gegen beide Antragsgegner.

II. Gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO war das AG Karlsruhe-Durlach als zuständiges Gericht zu bestimmen.

1. Das OLG Karlsruhe ist zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Entscheidung des Senats liegen vor. Die Antragsgegner sind im Rahmen der von der Antragstellerin erhobenen Klage Streitgenossen (§ 59 ZPO). Die Antragsgegner haben bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand. Der Umstand, dass die Antragstellerin bereits Klage erhoben hat beim AG Karlsruhe [-], steht einer Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO grundsätzlich nicht entgegen (vgl. Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 23. Aufl. 2002, § 36 ZPO, Rz. 8, 16).

2. Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand, der einer Entscheidung des Senats entgegenstehen würde, steht der Antragstellerin nicht zur Verfügung. Der Senat hat für die vorliegende Entscheidung insoweit die Auffassung des AG Karlsruhe zu Grunde gelegt, die sich aus der Verfügung des AG vom 18.2.2003 ergibt.

a) Die Frage, ob ein Gerichtsstand gem. § 29a Abs. 1 ZPO oder gem. § 32 ZPO gegeben ist, hängt davon ab, auf welche Anspruchsgrundlage die Antragstellerin die geltend gemachten Ansprüche - ihren Sachvortrag unterstellt - eventuell stützen kann. Die Antragstellerin meint, die Antragsgegner seien zur Zahlung verpflichtet auf Grund des vorgelegten schriftlichen Vertrages, bei dem es sich um einen Pachtvertrag handele. Das AG Karlsruhe hat demgegenüber in der Hinweisverfügung vom 18.2.2003 die Auffassung vertreten, der Vertrag sei nicht als Pachtverhältnis i.S.v. § 29a Abs. 1 ZPO zu qualifizieren. Die Antragstellerin meint im Übrigen, die Antragsgegner hätten sich wegen Betruges (§§ 263 StGB, 823 Abs. 2 BGB) schadensersatzpflichtig gemacht, während das AG Karlsruhe die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung auch nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht erkennen kann. Die Frage, welche Rechtsauffassung zutreffend ist, kann vorliegend offen bleiben.

b) Maßgeblich für die Entscheidung des Senats muss die Rechtsauffassung des AG Karlsruhe sein. Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO soll bei einer Streitgenossenschaft auf Beklagtenseite aus Zweckmäßigkeitsgründen dem Kläger grundsätzlich die Geltendmachung seiner Ansprüche in einem einheitlichen Verfahren vor einem einzigen Gericht ermöglichen. Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand macht im Regelfall eine Gerichtsstandsbestimmung entbehrlich, weil der Kläger die Möglichkeit hat, von sich aus - ohne eine Gerichtsstandsbestimmung - die Klage bei dem Gericht des gemeinsamen besonderen Gerichtsstands zu erheben. Diese Möglichkeit scheidet im Ergebnis allerdings dann aus, wenn das möglicherweise als zuständig in Betracht kommende Gericht seine örtliche Zuständigkeit selbst anders beurteilt. Im vorliegenden Fall käme - eventuell - nur das AG Karlsruhe als örtlich zuständiges Gericht gem. § 29a Abs. 1 ZPO oder gem. § 32 ZPO in Betracht. Eine Durchführung des Rechtsstreits beim AG Karlsruhe ist jedoch voraussichtlich nicht möglich,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge