Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Aktenzeichen 4 O 381/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 24.06.2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.07.2021 - 4 O 381/20 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45.875,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2021 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi SQ5 3.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer W...
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Beklagten 74 % und dem Kläger 26 % auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger macht gegen die Beklagte als Fahrzeugherstellerin deliktische Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Neuwagens geltend.
Der Kläger erwarb aufgrund Kaufvertrages vom 09.11.2016 von einer Fahrzeughändlerin einen Audi SQ5 plus 3.0 TDI plus quattro, 250 kW, Tiptronic, EU 6 als Neuwagen zum Kaufpreis von 74.990 EUR brutto. Er hat den Vorsteuerabzug durchgeführt.
Mit der Behauptung, das Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, hat der Kläger im Januar 2021 Klage erhoben mit folgenden Anträgen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 62.241,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges der Marke Audi vom Typ SQ5 3.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) W... nebst 2 Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem vorgenannten Klageantrag zu 1) genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.194,72 EUR freizustellen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 59.958,40 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2021 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs des Typs Audi SQ5 3.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer W... Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen, soweit diese mit den hier getroffenen nicht in Widerspruch stehen, des Parteivorbringens im Einzelnen und der Entscheidungsgründe wird auf das von der Beklagten mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Die Beklagte nimmt die erfolgte Verurteilung dem Grunde nach hin und bringt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor:
Das Landgericht habe im Rahmen der Schadensbemessung übersehen, dass der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt sei und deshalb einen schadensmindernden Vorteil in Höhe der diesem vom Finanzamt erstatteten Mehrwertsteuer (11.973,19 EUR) erlangt habe. Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des weiter in Abzug zu bringenden Nutzungsersatzes anhand des Bruttokaufpreises sei hingegen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hätte daher die Beklagte nur zur Zahlung i.H.v. 47.985,21 EUR verurteilen dürfen. Allerdings sei hiervon aufgrund der seit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gefahrenen Kilometer eine weitere Nutzungsentschädigung abzuziehen.
Die Beklagte beantragt daher zuletzt:
Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Baden-Baden vom 24.06.2021, Az. 4 O 381/20 wird die Klage auch insoweit abgewiesen, als die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als EUR 45.751,71 nebst Zinsen auf diesen Betrag zu zahlen.
Der Kläger beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit sie ihm günstig ist, und bringt zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen vor:
Der vorgenommene Vorsteuerabzug sei nicht schadensmindernd zu berücksichtigen, weil der Kläger den Bruttokaufpreis an die Verkäuferin geleistet habe. Dass er sich die Umsatzsteuer vom Finanzamt habe erstatten lassen, sei im Verhältnis zwischen den Parteien unerheblich.
Wenn aber gleichwohl eine Vorteilsausgleichung in Höhe der Mehrwertsteuer zu erfolgen habe, dann sei bei der Berechnung des Nutzungswertersatzes auf den Nettokaufpreis abzustellen. Andernfalls wäre die Beklagte unbillig entlastet. Außerdem sei die vom Kläger an das Finanzamt geleistete Umsatzsteuer i.H.v. 4.935,25 EUR zu seinen Gunsten zu berücks...