Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 2 O 102/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.03.2020 - 2 O 102/19 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 590,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.06.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 201,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.06.2019 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger beansprucht von der Beklagten aus abgetretenem Recht der ... A. Generalvertretung Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit einem geleasten Fahrzeug Audi A6 Avant 3.0 TDI (Emissionsklasse Euro 6 plus).

Die Zedentin schloss am 21.04.2015 mit der Audi Leasing einen Leasingvertrag ohne Gebrauchtwagenabrechnung über einen Neuwagen Audi A6 Avant 3.0 TDI competition quattro mit 240 kW zur gewerblichen Nutzung (Anlage K1). Die monatliche Leasingrate betrug 549,00 EUR netto (653,31 EUR brutto) bei einer jährlichen Fahrleistung von 17.500 km und einer Vertragsdauer von 36 Monaten. Das Fahrzeug wurde am 30.11.2015 ausgeliefert und von der Zedentin im September 2018 bei einem Kilometerstand von 53.585 km vorzeitig zurückgegeben. Insgesamt leistete die Zedentin 35 Leasingraten i.H.v. 653,31 EUR sowie eine Abstandszahlung wegen der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages i.H.v. 590,00 EUR, somit einen Gesamtbetrag i.H.v. 23.455,85 EUR.

Das Fahrzeug war von einem vom Kraftfahrt-Bundesamt (nachfolgend: KBA) angeordneten Rückruf betroffen, nachdem das KBA Unregelmäßigkeiten in der Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs im Hinblick auf die Funktionsweise der Emissionsminderung festgestellt hatte. Das KBA hatte daraufhin die Entfernung dieser Unregelmäßigkeiten angeordnet (Rückrufschreiben der Beklagten vom Januar 2019, Anlage K3).

Der Kläger hat vorgetragen, in dem Fahrzeug sei ein Motor EA 897 evo verbaut. In der Motorsteuerung des Fahrzeugs sei ein Thermofenster integriert, das jedenfalls bei Temperaturen von weniger als 5 °C und mehr als 30 °C eine signifikante Reduktion der Abgasreinigung bewirke. Des Weiteren sei eine Strategie eingesetzt, die die Nutzung von AdBlue unter bestimmten Bedingungen unzulässig einschränke. Die Beklagte habe das Fahrzeug mit einem Motor in den Verkehr gebracht, der gleich über vier verschiedene unzulässige Abschalteinrichtungen verfüge und von denen das KBA die sogenannte Aufheizstrategie (Strategie A) ganz offiziell als unzulässig eingestuft habe (Anlage K7). Zahlreiche Techniker und Ingenieure der Beklagten bis hin zum Vorstandschef seien frühzeitig in die Verwendung der Motorsteuerungssoftware involviert gewesen. Der von dem Kläger geschuldete Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer belaufe sich auf 5.014,00 EUR. Hierbei sei von der vertraglich vereinbarten Vergütung für jeden die jährliche Gesamtfahrleistung von 17.500 km übersteigenden Mehrkilometer von 9,2 Cent netto auszugehen.

Die Beklagte hat vorgetragen, in dem Fahrzeug sei ein Motor EA 896 Gen2 verbaut. Die Beklagte habe auf Anordnung des KBA eine Aktualisierung der Software vorgenommen. Bei einigen Fahrzeugen komme es nach dem Update zu einem höheren AdBlue-Verbrauch. Neben dem Software-Update sei auch der NOx-Sensor verbessert worden, dadurch sei die NOx-Reduktion im Straßenverkehr nochmals verbessert worden. Unzutreffend sei die Behauptung, bei dem Fahrzeug komme es während des Durchfahrens des NEFZ zu einer Erhöhung der AdBlue-Einspritzung gegenüber den Fahrsituationen außerhalb des Zeit-Strecke-Korridors des NEFZ. Ebenfalls unzutreffend sei die Behauptung, die AdBlue-Einspritzung werde unter bestimmten Bedingungen unzulässig eingeschränkt. Des Weiteren sei die Behauptung unzutreffend, die Stickoxidwerte würden "nur" für den Rollenprüfstand über eine höhere Abgasrückführungsquote gemindert. Schließlich sei dem Kläger kein Schaden entstanden, da er die Nutzungsrechte aus dem Leasingvertrag bis zur Vertragsbeendigung voll habe ausüben können.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 6.308,65 EUR verurteilt und die auf Zahlung von 17.788,54 EUR gerichtete Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, soweit diese mit den hier getroffenen nicht in Widerspruch stehen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das von der Beklagten mit der Berufung und von dem Kläger mit der Anschlussberufung angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Die Beklagte bringt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor:

Das Landgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zuste...

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