Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Kinderhüpfburg in einem Freizeitpark

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer luftbefüllten Hüpfburg für Kinder muss in geeigneter Weise sichergestellt und überwacht werden, dass das Gebläse den Überdruck im Inneren dauerhaft derart aufrecht erhält, dass der Boden der gesamten Anlage bei jeder denkbaren Nutzung ein Betreten oder Verlassen der Hüpfburg ermöglicht, ohne auf der in Teilbereichen völlig schlaffen Lufthülle zu straucheln und auf dem Boden darunter aufzuschlagen.

2. Auch das Gewicht eines Erwachsenen, der eine derartige Hüpfburg kurzzeitig betritt, um beispielsweise ein von ihm zu beaufsichtigendes Kind dort abzuholen, muss die Hüpfburg sicher tragen.

3. Für einen plötzlich auftretenden nicht hinreichend sicheren Betriebszustand haftet der Betreiber der Anlage gleichwohl mangels Verschulden nicht, wenn Derartiges nicht vorhersehbar war.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 276, 823, 831

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 13.08.2012; Aktenzeichen 4 O 305/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 13.8.2012 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil und der Senatsbeschluss sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 28.000 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Berufung ist ohne Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Der Senat hat seine Ankündigung, über das Rechtsmittel durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zu entscheiden, wie folgt erläutert:

"1. Die Klägerin begehrt neben materiellem und immateriellem Schadensersatz die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle Zukunftsschäden sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die seinerzeit 46-jährige Klägerin, Erzieherin von Beruf, besuchte mit 5 weiteren Erzieherinnen und 37 Kindern am 28.4.2010 den von der Beklagten betriebenen Freizeitpark. Dort betrat sie ein prall mit Luft gefülltes Spielgerät aus Kunststofffolie (Luftschiff) über ein davor angebrachtes Luftkissen der Größe 150 X 100 cm. Gewöhnlich ist auch dieses Luftkissen hinreichend trittstabil; es wird von demselben Gebläse wie das eigentliche Luftschiff unter Überdruck gehalten. Beim Verlassen des Luftschiffs kam die Klägerin auf dem Luftkissen zu Fall, weil dessen Hülle mangels ausreichenden Drucks nachgab. Sie erlitt eine erhebliche Knieverletzung, für die sie die Beklagte verantwortlich macht. Ein ähnlicher Unfall einige Tage zuvor belege, dass die Beklagte ihre Sicherungspflicht verletzt habe. Das nach Maßgabe eines vermeintlichen Mitverschuldens von 50 % gezahlte Schmerzensgeld von 1000 EUR sei unzureichend, angemessen seien weitere 12000 EUR.

Die Beklagte hat erwidert, die übliche Prüfung aller Spielgeräte vor Öffnung des Freizeitparks habe am Morgen des Unfalltags den einwandfreien Zustand des Luftkissens ergeben.

2. Das LG hat die Parteien angehört (§ 141 ZPO) und Zeugen befragt. Hiernach hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe ihrer Verkehrssicherungspflicht genügt. Insbesondere habe sie für eine morgendliche Kontrolle der Sielgeräte gesorgt, die am Unfalltag eine scheinbar dauerhaft ausreichende Luftbefüllung dank einwandfreier Funktion des Gebläses ergeben habe. Soweit zwei Zeugen schon Tage vorher beim Verlassen des Luftschiffs der schlaffe Zustand des davor liegenden Kissens aufgefallen sei, könne daraus entscheidend nichts hergeleitet werden, weil für beide der Vorfall derart belanglos gewesen sei, dass sie von einer Meldung an die von der Beklagten beschäftigte Aufsicht abgesehen hätten. Daher sei der Beklagten nicht anzulasten, aus den Wahrnehmungen der beiden Zeugen keine Folgerungen gezogen zu haben.

3. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie wiederholt, vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des LG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

4. Die Berufung ist im Ergebnis ohne Aussicht auf Erfolg.

Ob das LG Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers eines derartigen Spielgeräts für Kinder überzeugend definiert hat, kann bezweifelt werden.

Im Ausgangspunkt hat das LG allerdings richtig gesehen, dass derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder ...

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