Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz-Kaufvertrag: Beschaffenheitsvereinbarung ("guter Zustand")

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 12 O 217/10)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 16.9.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen - 12 O 217/10 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Sie möge innerhalb der Frist auch mitteilen, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.

2. Der Antrag der Beklagten vom 27.10.2010, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgewiesen.

 

Gründe

1.) Die zulässige Berufung hat nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das LG hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben und einen Rückzahlungsanspruch aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB bejaht. Das Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die gem. § 529 Abs. 1 ZPO dem Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

a) Zwar geht das LG zu Unrecht davon aus, dass die Parteien keinen umfassenden Gewährleistungsausschluss vereinbart haben, denn nach Auffassung des Senats ist die Formulierung "Keine Garantie, keine Rücknahme nach dem neuen EU-Recht" nach dem Empfängerhorizont eines unbeteiligten Dritten gem. §§ 133, 157 BGB als umfassender Gewährleistungsausschluss auszulegen. Die Differenzierung zwischen Garantie und Gewährleistung erfolgt bei juristischen Laien keineswegs so trennscharf, wie das LG dies annimmt. Der Kläger selbst dürfte die Klausel auch als umfassenden Gewährleistungsausschluss verstanden haben, denn er hat erstinstanzlich nicht etwa geltend gemacht, dass in der Formulierung kein umfassender Gewährleistungsausschluss liege, sondern sich auf dessen Unwirksamkeit wegen Arglist der Beklagten - für deren Vorliegen allerdings keine hinreichenden Anhaltspunkte feststehen - berufen. Auch in der Rechtsprechung werden die Formulierungen "keine Garantie" oder "ohne Garantie, gekauft wie gesehen" regelmäßig als umfassender Gewährleistungsausschluss angesehen (z.B. OLG Bamberg MDR 1998, 966, zit. nach juris; weitere umfassende Nachweise bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2009, Rz. 1972).

Auf die Formulierungen "Bastlerfahrzeug" und "verkauft wie gesehen" kommt es insoweit nicht an, zumal sie ohnehin erst im später abgefassten Kaufvertrag auftauchen, während der eigentliche Kaufvertrag, auf den es ankommt, bereits vorher geschlossen worden war. Die Parteien haben nämlich bereits dadurch einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, dass der Kläger bei Ende der F.-Auktion das Höchstgebot abgegeben hatte. Dabei kann offen bleiben, ob in der Freischaltung der Angebotsseite ein verbindliches Angebot und nicht bloß eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten liegt, das durch das Höchstgebot am Auktionsende angenommen wird (so BGH NJW 2005, 53, 54) oder ob es sich bei der Freischaltung der Angebotsseite um eine vorweg erklärte Annahme des Höchstgebotes handelt (so Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2011;§ 156 Rz. 3, noch offen gelassen von BGH NJW 2002, 363).

b) Die Annahme eines umfassenden Gewährleistungsausschlusses führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall nämlich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben und das streitgegenständliche Wohnmobil die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufwies.

aa) Aus der Formulierung "Das Wohnmobil ist in einem guten Zustand. Zuletzt waren wir mit dem Womo in Spanien und alles hat super geklappt." ergibt sich nach §§ 133, 157 BGB eine dahin gehende Beschaffenheitsvereinbarung, dass das Fahrzeug jedenfalls fahrbereit sein sollte, worunter die Rechtsprechung versteht, dass das Fahrzeug nicht mit verkehrsgefährenden Mängeln behaftet ist, aufgrund derer es bei einer Hauptuntersuchung als verkehrsunsicher eingestuft werden müsste (BGH NJW 2007, 759, 761 sowie NJW 1993, 1854 f.). Zwar ist es auch nach Ansicht des Senats so, dass Formulierungen wie "guter Zustand", "Wagen völlig in Ordnung"; "Fahrzeug einwandfrei" gerade beim privaten Direktgeschäft in vielen Fällen als allgemeine und unverbindliche Anpreisung anzusehen sein werden und aufgrund ihrer unscharfen Konturen keinen konkreten Erhaltungszustand verbindlich festschreiben. Ein objektiver Dritter kann und muss bei verständiger Würdigung aller Umstände bei einer solchen Formulierung aber davon ausgehen dürfen, dass das zu erwerbende Fahrzeug jedenfalls zu seiner ureigensten Funktion, nämlich der verkehrssicheren Fortbewegung, geeignet und nicht mit verkehrsgefährdenden Mängeln behaftet ist. Denn wenn ein Fahrzeug zum sofortigen Gebrauch auf öffentlichen Straßen verkauft wird, was nach der Beschreibung und mangels Einschränkungen im Angebot der Fall war, so ka...

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