Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 20 O 370/20) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.06.2021 verkündete Grundurteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 370/20 - wird zurückgewiesen.
Die Sache wird an das Landgericht Köln zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Anspruchs zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer von der Klägerin bei dem Beklagten unterhaltenen Betriebsschließungsversicherung anlässlich einer im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie erfolgten Betriebsschließung.
Die Klägerin bietet Aus- und Fortbildungen von Mitarbeitenden verschiedener Einrichtungen des Gesundheitswesens an und betreibt ein überregionales Tagungshaus inklusive Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten für bis zu 200 Teilnehmer in A.
Mit Email vom 25.02.2020 (Anlage K13, Anlagenheft Klägerin) teilte der Beklagte der B Versicherungsdienst GmbH, der Versicherungsmaklerin der Klägerin, auf deren allgemeine Nachfrage, wie er zur Deckung in Bezug auf Corona/Covid 19 stehe, folgendes mit:
"am 01.02.20 wurde der Coronavirus als meldepflichtige Krankheit im IfSG mit aufgenommen. Da wir Krankheiten nach § 6 und 7 des IfSG versichert haben, gilt die Betriebsschließung durch eine Behörde aufgrund des Corona Virus im Rahmen unserer Bedingungen als mitversichert."
Mit Schreiben vom 27.02.2020 (Anlage K15, Anlagenheft Klägerin) kontaktierte die B Versicherungsdienst GmbH die Klägerin und informierte diese über die Möglichkeiten einer Absicherung bei einer Betriebsschließung im Zusammenhang mit der Notlage durch das Corona-Virus. Der Betreff des Schreibens lautete:
"Schützen Sie sich vor den finanziellen Folgen im Falle einer Infektion durch das Corona-Virus".
In dem Schreiben wies die Versicherungsmaklerin auf die von der WHO inzwischen erklärte internationale Notlage zum Corona-Virus hin und bot über das von ihr vermittelte "weitreichende Spezialdeckungskonzept der Betriebs-Schließungsversicherung (sog. "Seuchen-Versicherung")" eine entsprechende Absicherungslösung für einen Jahresbeitrag in Höhe von 396,00 EUR bei 60 Tagen Haftzeit aufgrund der aktuell gemeldeten Jahreshaftsumme zur Betriebsunterbrechungsversicherung in Höhe von 2.214.347 EUR an.
Zudem befand sich auf der Internetseite des Beklagten fand sich bis Mitte März 2020 unter der Rubrik Betriebsschließungsversicherung zeitweise folgende Veröffentlichung (Anlagenheft K14, Anlagenheft Klägerin):
"Die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger sind in §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes genannt. Am 01.02.20 wurde der Corona-Virus als meldepflichtige Krankheit im IfSG aufgenommen. Da wir u.a. Krankheiten nach §§ 6 und 7 IfSG versichert haben, gilt eine Betriebsschließung durch eine Behörde aufgrund des Corona-Virus im Rahmen unserer Bedingungen als mitversichert."
Mit Wirkung zum 03.03.2020 unterhält die Klägerin für die Betriebsstätten "C" in der D-straße 1a in A und für das "E" in der D-straße 3b in A bei dem Beklagten eine Betriebsschließungsversicherung. Die Versicherungssumme beträgt 2.214.347,00 EUR. Eingeschlossen ist Versicherungsschutz für Schäden durch Betriebsschließung, bezogen auf eine Haftzeit von 60 Kalendertagen.
Ausweislich des Versicherungsscheins Nr. X1 (Anlage K1, Anlagenheft Klägerin) vom 04.03.2020 sind die "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr (Betriebsschließung) - AVB-BS" (Anlage K2, Anlagenheft Klägerin, im Folgenden AVB-BS) und das "B Rahmenabkommen Betriebsschließungsversicherung" eingeschlossen.
Die AVB-BS lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren
1. Versicherungsumfang
Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern bei Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehöriger eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
b) (...)
c) (...)
d) in dem versicherten Betrieb beschäftigten Personen ihre Tätigkeit
- wegen Erkrankung an meldepflichtigen Krankheiten,
- wegen Infektion mit meldepflichtigen Krankheitserregern,
- wegen entsprechenden Krankheit oder Ansteckungsverdachts oder
- als Ausscheider von meldepflichtigen Erregern untersag...