Entscheidungsstichwort (Thema)

"Le Pliage"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unterschiedliche Eigenschaften, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Produkts von außen nicht erkennbar sind (hier: Faltbarkeit einer Handtasche) stehen weder der Annahme einer Nachahmung entgegen, noch sind sie geeignet, die bestehende Gefahr einer Herkunftstäuschung zu beseitigen.

2. Auch wenn die auf Unterlassung des Vertriebs eines bestimmten Produkts gerichtete Klage des Anspruchstellers gegen einen Dritten in einem Mitgliedstaat der EU abgewiesen worden ist, stehen Art. 34, 36 AEUV einem Verbot des Angebots dieses Produkts in Deutschland nicht entgegen, soweit sich die Rechtskraft des ausländischen Urteils nicht auf die Parteien des deutschen Verfahrens erstreckt.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 9a)

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 11.06.2013; Aktenzeichen 33 O 240/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.6.2013 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 240/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten der Nebenintervention trägt die Streithelferin der Beklagten.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Höhe der Sicherheit beträgt:

  • Für den Unterlassungsanspruch 100.000 EUR,
  • für den Auskunftsanspruch 10.000 EUR,
  • ansonsten für den Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages, für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Die Klägerin zu 1) produziert seit Mitte der 1990er Jahre Handtaschen unter der Bezeichnung "Le Pliage" in verschiedenen Farben, Größen und Henkellängen. Die Klägerin zu 2) ist für den ausschließlichen Vertrieb der Produkte der Klägerin in Deutschland zuständig. Nachfolgend ist eines der Modelle der Klägerinnen dargestellt (Artikel-Nr. 2605, Bl. 6 d.A.):

((Abbildung entfernt))

Die Klägerin zu 2) erzielte mit den Taschen in Deutschland in den vergangenen Jahren folgende Umsätze durch den Vertrieb an Händler:

Jahr

Umsatz in EUR

2001

900.000

2002

1.400.000

2003

2.900.000

2004-2008

je über 3.000.000

2009

5.000.000

2010

6.000.000

Dies entspricht einem Absatz von über 100.000 Exemplaren pro Jahr. Auf das oben wiedergegebene Modell entfallen dabei seit 2003 durchschnittliche Jahresumsätze von über 1.000.000 EUR. Dabei betreibt die Klägerin zu 2) seit 2005 keine Werbung mehr für die von ihr vertriebenen Modelle. Weltweit sind über 12.000.000 Exemplare der Taschen der Klägerin zu 1) verkauft worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift, Bl. 10 ff. d.A., verwiesen.

Die Produkte der Klägerin waren Gegenstand zahlreicher Presseberichte (u.a. Freundin, Bild der Frau, Bunte, Welt am Sonntag, Tagesspiegel, Vogue Deutschland, Elle). Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift Bl. 10, 12 ff. d.A., verwiesen.

Die Beklagte betreibt eine deutschlandweite Kette von Warenhäusern. Dort verkaufte sie 2012 die nachfolgend abgebildete Tasche, die von der Streithelferin der Beklagten hergestellt wird (Bl. 2 d.A.):

(Abbildung entfernt))

Auch die nachfolgend dargestellte Variante wurde von der Beklagten vertrieben (Bl. 99 d.A.):

((Abbildung entfernt))

Mit Schreiben vom 19.4.2012 mahnten die Klägerinnen die Beklagte wegen des Vertriebs der zuerst dargestellten Tasche erfolglos ab.

Die Klägerin hat den Vertrieb der Taschen durch die Beklagte als unlautere Nachahmungen beanstandet (§ 4 Nr. 9a) und b) UWG). Die wettbewerbliche Eigenart ihrer Taschen sei in erster Linie durch folgende prägende Merkmale begründet:

  • Ein eigentümlicher Überschlag, großflächig und abgerundet, der sich
  • mittig zwischen den Henkeln befinde,
  • welche außen an der Oberseite des Corpus unterhalb seiner Oberkante aufgenäht sind und
  • die (Henkel und Überschlag) jeweils aus Leder gefertigt sind und sich
  • vom Corpus aus Nylon sichtbar abheben und mit ihm kontrastieren, wobei der Corpus trapezförmig ist.

Diese Merkmale würden den Taschen die Gesamtanmutung einer sportlichen und funktionalen, gleichzeitig aber modernen, schicken Tasche verleihen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift, Bl. 5 ff. d.A., verwiesen. Die Taschen würden sich auch deutlich vom wettbewerblichen Umfeld abheben, was ein Vergleich von über 100 Taschen in der Zeitschrift "Cosmopolitan" im Jahr 2003 belege (Anlage K 5, Anlagenheft).

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Taschen (eingeblendet wie Bl. 2, Bl. 99 der Akte) anzubieten oder anbieten zu lassen. Sie hat ferner beantragt, die Beklagte zur Auskunft und zur Erstattung der Abmahnkosten i.H.v. 3.303,20 EUR nebst Zinsen zu verurteilen, sowie die Feststellung der ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge