Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht keine Vermutung dafür, dass ein Schriftstück (hier: Testament), das den Namenszug des Erblassers trägt, auch von diesem herrührt.
2. Die Beurteilung der Echtheit einer Urkunde bleibt regelmäßig einem Schriftsachverständigen vorbehalten, es sei denn, dass sich das Gericht auf anderem Wege eine Überzeugung von der Echtheit verschaffen kann, beispielsweise durch Zeugen, die bei Errichtung des konkreten Schriftstücks zugegen waren oder den Umstand, dass das Testament vom Erblasser in die besondere amtliche Verwahrung gegeben worden ist.
3. Die Überprüfung der nachlassgerichtlichen Kostenentscheidung durch das Beschwerdegericht ist grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob das erstinstanzliche Gericht sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat (Anschluss an Senat, 33 Wx 157/23e).
4. Die Abänderungsbefugnis des Beschwerdegerichts umfasst im Beschwerdeverfahren über die Erteilung eines Erbscheins auch die Kosten des Beteiligten, der selbst keine Beschwerde eingelegt hat, sofern überhaupt eine zulässige Beschwerde vorliegt.
5. Sieht sich das Nachlassgericht aufgrund der im Verfahren zutage getretenen Anhaltspunkte zu einer Beweisaufnahme veranlasst, erscheint es grundsätzlich gerechtfertigt, die Kosten dieser Beweisaufnahme dem Beteiligten aufzuerlegen, dem das Ergebnis der Beweisaufnahme zugutekommt.
Normenkette
BGB § 2247; FamFG §§ 26, 29, 81, 84
Verfahrensgang
AG Nördlingen (Aktenzeichen VI 999/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Nördlingen - Nachlassgericht - vom 30.10.2023, Az. VI 999/21, in Ziffer 3 wie folgt abgeändert:
Die Beteiligte zu 1 trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Nachlassgericht. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführerin zu 2/3, die Beteiligte zu 1 zu 1/3. Davon ausgenommen sind die Kosten für das Sachverständigengutachten Prof. xxx vom 29.04.2024, die die Beteiligte zu 1 allein trägt. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 19.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der verheiratete Erblasser ist am xx.06.2021 verstorben, nachdem bei ihm am xx.04.2021 ein Glioblastom diagnostiziert worden war. Er hinterließ ein Testament vom xx.06.2021, in dem er seine Schwester, die Beteiligte zu 1, als Alleinerbin einsetzte.
Die Beschwerdeführerin, die Ehefrau des Erblassers, und die Beteiligte zu 3, seine Tochter aus erster Ehe, äußerten Zweifel an der Eigenhändigkeit des von der Beteiligten zu 1 vorgelegten Testaments. Zudem zweifeln sie die Testierfähigkeit des Erblassers an.
Das Nachlassgericht hat Beweis erhoben zur Frage der Eigenhändigkeit der Errichtung der Urkunde vom xx.06.2021 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. xxx vom 23.12.2022. Auf das schriftliche Sachverständigengutachten wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30.10.2023 hat das Nachlassgericht die Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Alleinerbscheins angekündigt. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 07.11.2023, der das Nachlassgericht mit Beschluss vom 15.11.2023 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Die Beschwerde ist zulässig, hat aber nur hinsichtlich der Anfechtung der Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 30.10.2023 Erfolg.
Im Ergebnis zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins vorliegen. Das Testament vom xx.06.2021 wurde vom Erblasser eigenhändig ge- und unterschrieben. Testierunfähigkeit konnte beim Erblasser nicht festgestellt werden.
1. Der Senat entscheidet sogleich in der Sache. Zwar hat das Nachlassgericht die Nichtabhilfeentscheidung schon zu einem Zeitpunkt erlassen und die Akten dem Senat vorgelegt, als die Beschwerdefrist noch lief. Der Senat sieht gleichwohl von einer Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und Rückgabe der Akten an das Nachlassgericht ab, weil die Beschwerdeführerin auch im weiteren Beschwerdeverfahren vor dem Senat nicht mehr zur Sache vorgetragen hat.
2. Der Senat teilt die Ansicht des Nachlassgerichts hinsichtlich der Formwirksamkeit des Testaments vom xx.06.2021. Das Nachlassgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 1 als diejenige, die Rechte aus der Urkunde herleiten will, hinsichtlich der Eigenhändigkeit die Feststellungslast trägt. Dieser ist sie auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. xxx nachgekommen.
a) Für den Beweis der Urheberschaft des Erblassers hinsichtlich der fraglichen Urkunde genügt, da eine absolute Gewissheit nicht zu erreichen und jede Möglichkeit des Gegenteils nicht auszuschließen ist, ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit (BGH, Urteil vom ...