Entscheidungsstichwort (Thema)
RA-Gebühren bei Protokollierung von nicht anhängigen Ehefolgesachen. Vergütung des Rechtsanwalts: Protokollierung einer außergerichtlich vorbereiteten Vereinbarung über nicht anhängige Folgesachen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einer Ehesache eine außerprozessual vorbereitete Vereinbarung über nicht anhängige Folgesachen protokolliert, ist dem im Wege der Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren und den Abschluss dieser Vereinbarung beigeordneten Rechtsanwalt neben der Einigungsgebühr auch eine Verfahrensdifferenzgebühr gem. der Nr. 3101 RVG-VV aus der Staatskasse zu erstatten.
2. Ein Anspruch auf Erstattung einer 1,2 Terminsgebühr gem. der Nr. 3104 Anm. Abs. 2 RVG-VV aus den zusammengerechneten Werten von Hauptsache und Mehrvergleich besteht nur, wenn die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ausdrücklich auf die nicht anhängigen, mitverglichenen Gegenstände erweitert worden ist (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 10.6.2008 - 11 WF 927/08).
Normenkette
RVG § 48 Abs. 3; RVG-VV Nrn. 3101, 3104
Verfahrensgang
AG Kempten (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 1 F 284/08) |
AG Kempten (Beschluss vom 06.02.2009; Aktenzeichen 1 F 284/08) |
Tenor
I. Die Beschlüsse des AG Kempten (Allgäu) vom 25.2.2009 und vom 6.2.2009 werden aufgehoben.
II. Die Erinnerungen der Rechtsanwältin ... des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss des AG Kempten (Allgäu) vom 2.12.2008 werden zurückgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragstellerin ist mit Beschluss des AG Kempten vom 25.4.2008 für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... bewilligt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.10.2008 ist die Prozesskostenhilfe antragsgemäß unter den bisherigen Bedingungen auf den Abschluss einer Vereinbarung erstreckt worden. Die Parteien haben nachfolgend eine Scheidungsvereinbarung zum Zugewinnausgleich, zur Bezugsberechtigung hinsichtlich Versicherungsleistungen, zu Hausrat und Ehewohnung sowie zum Umgang getroffen, die vorgelesen und genehmigt worden ist. Mit Beschluss vom 30.10.2008 hat das AG den Streitwert für die Scheidung und den Versorgungsausgleich auf zusammen 4.150 EUR und den Streitwert der Vereinbarung auf 20.900 EUR festgesetzt.
Rechtsanwältin ... hat mit Schriftsatz vom 3.11.2008 u.a. die Festsetzung einer 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr aus einem Gegenstandswert von 20.900 EUR unter Berücksichtigung der Obergrenze aus § 15 Abs. 3 RVG i.H.v. 184,60 EUR sowie einer 1,2-Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 25.050 EUR i.H.v. 424,80 EUR im Wege des Vorschusses beantragt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Rechtspflegerin) hat mit Beschluss vom 2.12.2008 den der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlenden Vorschuss auf die Prozesskostenhilfevergütung auf 1.397,18 EUR festgesetzt und dabei nur eine 1,2-Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 4.150 EUR i.H.v. 254,40 EUR berücksichtigt. Gegen diese Entscheidung hat Rechtsanwältin ... eine als Erinnerung zu behandelnde "Beschwerde" eingelegt, mit der sie hinsichtlich der Terminsgebühr ihren ursprünglichen Antrag weiter verfolgt hat. Der Vertreter der Staatskasse hat gegen den Beschluss vom 2.12.2008 ebenfalls Erinnerung eingelegt und beantragt, die Verfahrensdifferenzgebühr zu streichen. Die Urkundsbeamtin hat mit Beschluss 6.2.2009 der Erinnerung der Antragstellervertreterin nicht abgeholfen und auf die Erinnerung des Vertreters der Staatskasse den Festsetzungsbeschluss vom 1.12.2008 aufgehoben sowie den an die Antragstellervertreterin zu zahlenden Vorschuss nunmehr ohne Berücksichtigung einer reduzierten Verfahrensgebühr auf 1.177,51 EUR festgesetzt.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Rechtsanwältin ... hat das AG Kempten mit richterlichem Beschluss vom 25.2.2009 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellervertreterin Beschwerde eingelegt, mit der sie einen Vorschuss entsprechend ihrem ursprünglichen Antrag vom 3.11.2008 erreichen will. Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Vortrag ausgeführt, die Antragstellervertreterin sei ausdrücklich für den Abschluss der Vereinbarung beigeordnet worden. Die Verhandlungen seien nicht mehr außergerichtlich, sondern ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2008 im gerichtlichen Termin geführt worden. Die in Rechnung gestellten Gebühren seien insgesamt durch den Vergleichsabschluss entstanden. Der Vergleich sei aus prozessökonomischen Gründen letztlich auch zu Gunsten der Staatskasse in den Verbund einbezogen worden. Ansonsten hätte nämlich ein neues Verfahren mit Beantragung von Prozesskostenhilfe eingeleitet werden müssen. Nach Entscheidungen der OLG Stuttgart und Koblenz und herrschender Meinung sei deshalb nicht nur die Einigungsgebühr festsetzbar, sondern auch die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr aus dem erhöhten Streitwert.
II. Die Beschwerde der Antragstellervertreterin ist zulässig (§§ 56 Abs. 1 und A...