Leitsatz (amtlich)

Berufung, Annahmeverzug, Rechtsanwaltskosten, Software, Fahrzeug, Staatsanwaltschaft, Erstattung, Zulassung, Kenntnis, Feststellung, Zahlung, Technik, Darlegungslast, betrug, Zug um Zug, Erstattung des Kaufpreises, juristischen Person

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 19.12.2019; Aktenzeichen 64 O 961/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 19.12.2019, Az. 64 O 961/19, in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 14.01.2020, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 29.362,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 31.157,18 EUR vom 14.06.2019 bis 27.11.2019 und aus 30.127,28 EUR vom 28.11.2019 bis 22.05.2022 sowie aus 29.362,76 EUR seit dem 23.05.2022 Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi Q3, FIN ...312 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Klagepartei hat von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz 38%, die Beklagte 62% zu tragen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Klagepartei hat von den Kosten des Berufungsverfahrens 41%, die Beklagte 59% zu tragen.

4. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts Ingolstadt - soweit es aufrecht erhalten wird - sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klagepartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klagepartei gegen die Beklagte wegen des Erwerbs eines Diesel-Pkws geltend macht.

Die Klagepartei erwarb am 17.09.2013 zu einem Preis von 40.500,00 EUR brutto von einem Dritten ein Gebrauchtfahrzeug Audi Q3, 2.0 TDI, Erstzulassung 21.11.2012. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor EA189 ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die Beklagte ist die Herstellerin des Pkws. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 1.850 km, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 28.11.2019 48.859 km und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.05.2022 56.340 km.

Zur Abgasreinigung wird im streitgegenständlichen Fahrzeug die Abgasrückführung eingesetzt. Das Fahrzeug ist betroffen von einem Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt mit der Begründung "unzulässige Abschalteinrichtung". Die im Zusammenhang mit dem Motor (zunächst) verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Die Klagepartei ließ das vom Kraftfahrtbundesamt freigegebene und zur weiteren Nutzbarkeit des Fahrzeugs erforderliche Softwareupdate am 24.02.2017 aufspielen.

Vorgerichtlich forderte die Klagepartei mit anwaltlichem Schreiben vom 28.03.2019 die vollständige Kaufpreiserstattung abzüglich einer Nutzungsentschädigung ohne Benennung von Kilometerleistungen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie die Zahlung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung unter Fristsetzung bis zum 11.04.2019.

Mit Klage vom 29.04.2019, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag und der Beklagten zugestellt am 13.06.2019, forderte die Klagepartei zuletzt die Erstattung des vollständigen Kaufpreises nebst Delikts- bzw. Verzugszinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung von Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs und die Verurteilung zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte beruft sich auf Verjährung.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.12.2019 teilweise zugesprochen, nämlich verurteilt zur Zahlung in Höhe von 34.114,41 EUR nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs und Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 EUR nebst Verzugszinsen sowie Annahmeverzug der Beklagten festgestell...

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