Entscheidungsstichwort (Thema)
Formerfordernisse für den Schuldbeitritt zu einer Vergütungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einer Vergütungsvereinbarung geregelt, dass der Rechtsanwalt seine Auslagen nach VV 7000 ff. RVG abrechnet, so folgt daraus, dass der Mandant die Reisezeit nicht nach dem Stundenhonorar zu vergüten hat.
2. Ein Schuldbeitritt zu einer nach § 3a RVG vereinbarten Vergütung unterliegt ebenfalls den Formerfordernissen der Vergütungsvereinbarung(Anschluss an BGH BeckRS 2016, 11278). Daher ist ein Schuldbeitritt nur wirksam, wenn die in der Vergütungsvereinbarung getroffenen rechtsgeschäftlichen Abreden zur vereinbarten Vergütung auch in der Beitrittserklärung enthalten sind oder auf diese Vereinbarungen in der Beitrittserklärung in transparenter Weise Bezug genommen wird.
3. Eine Berufung auf die Formunwirksamkeit eines Schuldbeitritts zu einer Vergütungsvereinbarung ist treuwidrig, wenn der Beigetretene über längere Zeit die Vorteile aus der formunwirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat und das Vertrauen des Rechtsanwalts auf die Wirksamkeit der Vereinbarung schutzwürdig ist.
Normenkette
ZPO § 529 Abs. 1, § 540; RVG VV Nrn. 3307, 7000 ff.; BGB § 147 Abs. 2, §§ 242, 305c Abs. 1, §§ 611-612; RVG § 3a Abs. 1 Sätze 1-2, §§ 10, 34
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 24.02.2017; Aktenzeichen 83 O 2232/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Endurteil des Landgerichts vom 24.02.2017 (Az. 83 O 2232/16) in Ziffer 1 soweit es den dortigen Beklagten zu 2) (= Beklagter des Berufungsverfahrens) betrifft und im Kostenpunkt abgeändert.
Der Beklagte (= Beklagter zu 2 des erstinstanzlichen Urteils) wird verurteilt, an den Kläger 19.459,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5-%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2016 zu bezahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
II. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers im ersten Rechtszug trägt der Kläger 13% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 87%; der Kläger trägt 27% der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) im ersten Rechtszug. Im Übrigen trägt jede Partei ihre Kosten selbst.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 34% und der Beklagte 66%.
III. Dieses Urteil sowie das in Ziffer I. genannte Urteil des LG Landshut, soweit dieses den dortigen Beklagten zu 2) betrifft, sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des danach vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Zugunsten des Klägers wird die Revision nach Maßgabe der Urteilsgründe zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von laufendem Rechtsanwaltshonorar ab März 2016 aufgrund eines am 10.03.2016 erklärten Schuldbeitritts.
Der Kläger tauschte mit der am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligten Beklagten zu 1) die in Anlage K 1 vorgelegte Vereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015 wegen des "Dauerberatungsvertrages mit Vergütungsvereinbarungen" aus. Am 10.03.2016 vereinbarten der Kläger und die beiden (erstinstanzlich) Beklagten die "Ratenzahlungsvereinbarungen" (Anlage K 18), in welcher der Beklagte in Ziffer 2 den "Schuldbeitritt zu den Forderungen gemäß Ziffer 1 sowie zu sämtlichen künftigen entstehenden Honorarforderungen " erklärte. Weiter heißt es dort, "dem Schuldner ist bekannt, dass die Forderungen auf Honorarvereinbarungen beruhen, die von den gesetzlichen Vergütungsregelungen abweichen".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils vom 24.02.2017 Bezug genommen. Am 01.03.2017 wurde über das Vermögen der früheren Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 24.02.2017 weitgehend statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der pauschalen Vergütung für den Zeitraum von März 2016 bis Dezember 2016 (sog. "Dauerberater" in Höhe von 17.850,00 EUR) sowie zur Zahlung wegen weiterer anwaltlicher Tätigkeiten für einzelne Einzel-/Sonderprojekte auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung vom 09.12.2014/02.03.2015. Zur Begründung führte es aus, dass die Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) wirksam zustande gekommen sei und von dieser auch nicht mit Schreiben vom 19.09.2016 (Anlage K 37) wirksam außerordentlich und fristlos gekündigt werden konnte. Den Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Mahnkosten wies das Landgericht ab (unter "B." der Urteilsgründe).
Dagegen wenden sich der Beklagte mit der Berufung und der Kläger mit der Anschlussberufung. Der Beklagte verfolgt weiter seinen Klageabweisungsantrag, während der Kläger im Wege der Klageerweiterung noch die Pauschalen für Januar und Februar 2017 (also bis zur Beendigung des Rechtsanwaltsvertrages durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) verlangt. Weiter macht er seinen vom Landgeri...