Entscheidungsstichwort (Thema)

Vortrag zur Zerrüttung der Ehe

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Ehe ist auch dann gescheitert, wenn nur ein Ehegatte sich endgültig abgewendet hat; eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft ist dann nicht mehr zu erwarten. Dabei ist es gleichgültig, warum ein Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen will. Seine Gründe müssen auch nicht vernünftig sein.

 

Normenkette

BGB § 1566 Abs. 1-2, § 1665 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Zerbst (Urteil vom 15.12.2004; Aktenzeichen 7 F 294/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 15.12.2004 verkündete Urteil des AG Zerbst (Az.: 7 F 294/04) unter Aufhebung des der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahrens zur erneuten Entscheidung an das AG, welches auch über die Rechtsmittelkosen zu befinden haben wird, zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Berufungsstreitwert beträgt bis zu 6.500 EUR.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO). Sie hat in der Sache dahin Erfolg, dass unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und des zugrunde liegenden Verfahrens die Sache dem AG zur erneuten Entscheidung zuzuschreiben ist.

I. (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Das AG hat den Scheidungsantrag der Antragstellerin mit dem angefochtenen Urteil mit der Begründung abgewiesen, dass unter Offenlassung des Trennungszeitpunkts bei Ablehnung der begehrten Scheidung durch den Antragsgegner nicht positiv festgestellt werden konnte, dass die Ehe zerrüttet ist. Hierzu sei bislang wenig vorgetragen (AG Zerbst, Urt. v. 15.12.2004 - 7 F 294/04, Bl. 22 f. d.A.).

Mit ihrer Berufung, mit der nunmehr weiter ausgeführt wird, begehrt die Antragstellerin weiterhin die Scheidung der am 1.3.1997 unter der Heiratsregisternummer 3/1997 vor dem Standesbeamten in B. geschlossenen Ehe.

Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird zudem auf die gewechselten Schriftsätze in der Berufungsinstanz verwiesen.

II. (540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Die Berufung ist dahin begründet, dass die amtsgerichtliche Entscheidung einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung dem AG zurückzuverweisen ist.

Eine Ehe ist auch ohne die bei diesen Statusverfahren regelmäßig nach § 1566 Abs. 1 und 2 BGB heranziehbaren unwiderlegbaren Vermutungen dann gescheitert, wenn sich nur ein Ehegatte endgültig von der Ehe abgewendet hat. Auch dann ist die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 1565 Abs. 1 BGB nicht mehr zu erwarten.

Dabei ist es gleichgültig, warum ein Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen will. Seine Gründe müssen weder vernünftig noch vollziehbar sein. Es genügt die hier erkennbare subjektive Einstellung der die Scheidung begehrenden antragstellenden Partei, die sie dahin schriftsätzlich äußerte, dass die Wiederherstellung der Ehe (wohl von ihr; d. Senat) nicht mehr zu erwarten ist.

Hinzu kommt hier, dass selbst der Antragsgegner zu keinem Verfahrenszeitpunkt überzeugend erklärte, dass er an der Ehe, die für die Antragstellerin erkennbar gescheitert ist, noch festhalten will.

Diesbezüglich ist die Anhörung der Parteien nicht erkennbar vollständig an den §§ 613, 616 ZPO ausgerichtet worden.

Ferner schweigt das angefochtene Urteil zum Trennungszeitpunkt. Aus dem Protokoll vom 15.12.2004 (Bl. 22 d.A.) dürfte auf den gerichtlichen Hinweis verweisend, die Tendenz des AG bestanden, eine Trennung im Jahr 2003 anzunehmen (... wäre der Scheidungsantrag, ..., frühestens im Mai 2006 begründet.).

Weil jedenfalls nunmehr von einer einjährigen Trennung auszugehen sein dürfte, weiterhin für die Antragstellerin ein Festhalten an der Ehe ausgeschlossen ist und über den Versorgungsausgleich, der Entscheidungsreife aufweist, mitentschieden werden muss, ist auch ohne besondere Antragsstellung die Zurückverweisung nach § 629b ZPO zwingend auszusprechen.

III. Die Kostenentscheidung war dem AG vorzubehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen, denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Einschaltung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Festsetzung des Berufungsstreitwertes folgt aus §§ 47 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1351625

FamRZ 2006, 43

OLGR-Ost 2005, 624

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