Leitsatz (amtlich)

Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum, wenn ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand bestanden hätte (hier der des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO), mit einem der Beklagten jedoch ein anderer ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart wird.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

I. Der Antrag der Antragstellerin auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.

III. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf 11.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht Werklohnansprüche gegen die Antragsgegnerinnen geltend. Die Antragsgegnerin zu 1) hatte für die Antragsgegnerin zu 2) als Generalbauträger die Errichtung eines Supermarktes in F^HHI übernommen und die Antragstellerin mit der Erstellung der Außenanlagen beauftragt. Im Bauvertrag mit der Antragstellerin wurde Nürnberg als Gerichtsstand vereinbart. Als es vor Fertigstellung der Bauarbeiten zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1) zu Auseinandersetzungen kam, bei der die Antragstellerin mit der Einstellung der Bauarbeiten drohte, sicherte die Antragstellerin zu 2) die Zahlung des Werklohnes zu, um die Antragstellerin zur Weiterarbeit zu bewegen. Die Arbeiten wurden fertiggestellt. Die Antragstellerin will den Werklohn gegen beide Antragsgegnerinnen einklagen.

Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich des LG Nürnberg-Fürth, die Antragsgegnerin zu 2) im Zuständigkeitsbereich des LG Karlsruhe. Der Supermarkt liegt im Zuständigkeitsbereich des LG Frankfurt/M.

Die Antragstellerin hat beantragt, das LG Nürnberg-Fürth gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen.

II. Das OLG Nürnberg wäre zwar für eine Zuständigkeitsbestimmung berufen, da für die LG Karlsruhe und Nürnberg das nächsthöhere gemeinsame Gericht der BGH wäre (§ 36 Abs. 2 ZPO) und das OLG Nürnberg als erstes um die Bestimmung ersucht wurde (BayOLG NJW-RR 1999,1269).

III. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen jedoch nicht vor.

Denn entweder ist am Ort des Bauwerkes ein besonderer gemeinsamer Gerichtsstand gegeben (§ 29 ZPO) oder die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstand mit der Antragsgegnerin zu 1) hindert eine Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

1. Für die Parteien wäre jedenfalls ohne eine Gerichtsstandsvereinbarung ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet gewesen, nämlich beim Gericht des Bauwerkes, also beim LG Frankfurt/M. Dies schließt eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus. Es besteht der gemeinsame Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) am Ort des Bauwerkes (BGH NJW 1986, 935 m.w.N.). Beim Bauvertrag liegt der Schwerpunkt des Vertrages wegen der besonderen Ortsbezogenheit der vertragstypischen Werkleistung eindeutig am Ort des Bauwerkes. Hier muss der Unternehmer seine Leistung erbringen; hier muss auch der Besteller nach § 64.. BGB eine seiner Hauptpflichten, nämlich die Abnahme seines Werkes erfüllen. Soweit sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, entspricht es dabei der Natur dieses Schuldverhältnisses, wenn die Vertragsparteien ihre gesamten das Bauwerk betreffenden Rechtsbeziehungen an diesem Ort erledigen. Hierauf haben sich die Beteiligten im Allgemeinen eingestellt. Es liegt auch im Interesse der Vertragsparteien, eine gerichtliche Auseinandersetzung dort zu führen, wo aufgrund der räumlichen Nähe zum Bauwerk eine Beweisaufnahme regelmäßig wesentlich einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden kann.

2. Eine Klage dort ist jedoch im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 1) nicht möglich, denn die Antragstellerin hat mit dieser eine wirksame (ausschließliche) Gerichtsstandsvereinbarung für das LG Nümberg-Fürth getroffen. In diesem Fall ist jedoch kein Raum für eine Gerichtsstandsbestimmung.

a) Die Parteien konnten als Kaufleute eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen (§ 38 Abs. 1 ZPO).

b) Von der Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes ist auszugehen.

Eine solche ergibt sich aus dem Bauvertrag vom 23.9./29.9.2005. Dort ist als Gerichtsstand Nürnberg vereinbart. Ob es sich bei dem vereinbarten Gerichtsstand um einen zusätzlichen oder um einen ausschließlichen handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei es eine Vermutung für eine der beiden Möglichkeiten nicht gibt (Zöller/Vollkommer, ZPI, 26. Aufl., § 38 RdNr. 14). Es spricht nichts dafür, dass hier nur ein zusätzlicher Gerichtsstand vereinbart werden sollte. Das Interesse der Antragsgegnerin zu 1) als Auftragsgeberin des Bauwerks war darauf gerichtet, gerichtliche Auseinandersetzungen über das Bauwerk ausschließlich an ihrem Geschäftssitz führen zu können. Dies war für die Antragstellerin und für einen objektiven Dritten erkennbar (§§ 133,157 BGB).

Die Ausschließlichkeit ergibt sich aber auch daraus, dass die Parteien in diesem Vertrag die Geltung der VOB/B vereinbart haben (Vertragsurkunde S. 4). Hiernach gilt nach § 1...

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