Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz des Mietausfallschadens durch vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses; Wahrung der Schriftform bei Änderung des Vertragszwecks
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Mietverhältnis aufgrund einer Vertragsverletzung des Mieters durch eine Kündigung des Vermieters vorzeitig beendet, kann der Vermieter vom Mieter den ihm hierdurch entstandenen Mietausfall ersetzt verlangen, jedoch nur für den Zeitraum bis zum Wirksamwerden einer dem Mieter möglichen ordentlichen Kündigung.
2. Die vom Mieter auf die Miete vereinbarungsgemäß zu leistende Umsatzsteuer wird nicht vom Schadensersatzanspruch umfasst.
3. Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob das Schriftformerfordernis des § 550 BGB gewahrt ist oder aber eine der Parteien das Vertragsverhältnis ordentlich kündigen kann. In der Änderung des im Vertrag bestimmten Vertragszwecks liegt ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Aktenzeichen 4 O 226/06) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers und der Berufung des Beklagten im Übrigen wird das Urteil des LG Stralsund abgeändert und der Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 5.951,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.795,35 EUR für die Zeit vom 6.10.2006 bis 21.5.2007, auf 1.795,35 EUR für die Zeit vom 5.11.2006 bis 21.5.2007, auf weitere 1.210,69 EUR für die Zeit vom 5.12.2006 bis 21.5.2007, auf weitere 584,66 EUR seit dem 5.12.2006, auf weitere 1.795,35 EUR jeweils ab dem 5.1.2007, 4.2.2007, 4.3.2007 sowie auf weitere 1.980,99 EUR seit dem 25.1.2008 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Nachverfahrens erster Instanz tragen der Kläger 83 % und der Beklagte 17 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 90 % und der Beklagte 10 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des ausgeurteilten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger seinerseits kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Streitwert des Berufungsverfahrens: 60.326,70 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten nach Beendigung eines Mietverhältnisses Nutzungsausfallschaden sowie Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen geltend.
Die Parteien schlossen 1996 einen Mietvertrag über eine Gewerbeeinheit in einem Einkaufszentrum in B., die aus zwei Teilen besteht; im EG befindet sich ein Backshop, im ersten OG ein Café. Das Café baute der Beklagte im Zeitraum 2001/2002 zu einer Ferienwohnung um, wobei der genaue Zeitraum zwischen den Parteien streitig ist. Ob dies mit oder ohne Zustimmung des Klägers erfolgte, ist ebenfalls streitig.
Das Mietverhältnis wurde auf 12 Jahre mit Optionsmöglichkeit für den beklagten Mieter geschlossen und sollte mit Übergabe der Mieträume beginnen. Diese war für den 1.7.1997 vorgesehen.
Weiterhin heißt es im Mietvertrag:
"§ 2 Mietzweck/Betriebspflicht
1. Die Vermietung erfolgt zum Betreiben eines Backshops und eines Cafés, inkl. Nebenräume.
2. Jede Änderung der Art des Betriebes bedarf der schriftlichen Genehmigung des Vermieters.
3. Der Mieter ist ohne schriftliche Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, das Geschäftslokal zu schließen oder den Geschäftsbetrieb einzustellen ...
§ 5 Wertsicherungsklausel
Ist seit der letzten Vereinbarung der Miete
a) ein Zeitraum von mehr als drei Jahren verstrichen und
b) der vom statistischen Bundesamt festgestellte Lebenshaltungskostenindex für 4 Personen-Arbeitnehmerhaushalte mit mittlerem Einkommen in den neuen Bundesländern (Basis 1985 = 100) um mehr als 5 % gestiegen oder gesunken, so ändert sich der in § 3 vereinbarte Mietzins prozentual entsprechend. Jeder der Vertragspartner kann eine Änderung des Mietzinses fordern. Der neue Mietzins ist vom Beginn des dem Änderungsverlangen folgenden Monats zu entrichten ..."
Ab November 2005 leistete der Beklagte zunächst verringerte und dann keine Zahlungen mehr. Für die Zeit bis September 2006 wurde er mittels Urteils im Urkundsprozess verurteilt und glich den austenorierten Betrag aus.
Am 22.9.2006 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges fristlos. Der Beklagte gab die Räume Ende September 2006 an den Kläger heraus. Dieser beauftragte noch im September 2006 einen Makler mit der Vermietung des Backshops. Die Ferienwohnung gab er erst im Mai 2007 zur Vermietung in Auftrag.
Erstinstanzlich hat der Kläger für die Zeit von Oktober 2006 bis Januar 2008 monatlich einen Mietausfallschaden in Höhe der vertraglich bestimmten Nettomiete zzgl. Betriebskostenvorauszahlung begehrt.
Der Kläger hat behauptet, aus der Betriebskostenabrechnung 2006 ergebe sich eine Nachzahlung von 4.444,01 EUR brutto. Hiervon seien die Guthabenbeträge für 2004 und 2005 i.H.v. 1.119,36 EUR und 384,99 EUR ...