Normenkette
BGB §§ 357-358
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 18.02.2022; Aktenzeichen 12 O 262/21) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18.02.2022 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Dieses Urteil sowie im Umfang der Zurückweisung der Berufung das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 16.000 EUR
Gründe
I. Zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für ein Gebrauchtfahrzeug der Marke Mercedes-Benz schloss der Kläger mit der Beklagten unter dem 24.03.2017 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 29.100,00 EUR, auf den 48 monatliche Raten von 416,73 EUR sowie eine im April 2021 fällig Schlussrate in Höhe von 11.970,00 EUR zu zahlen waren. An den Händler leistete der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 5.100,00 EUR aus eigenen Mitteln.
Am 26.10.2020 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages und behielt sich die Rückforderung weiterer Zahlungen vor.
Aufgrund Kaufvertrages vom 29.01.2021 veräußerte der Kläger das Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 16.000,00 EUR an einen Dritten, der unstreitig nicht bereit ist, das Fahrzeug wieder an den Kläger zurück zu veräußern. Im Februar 2021 löste der Kläger das Darlehen auf eigenen Wunsch vorzeitig ab.
Der Kläger macht geltend, der Verbraucherdarlehensvertrag enthalte nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Informationen, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht mit dem Vertragsschluss begonnen habe und er noch im Jahr 2020 berechtigt gewesen sei, seine Vertragserklärung zu widerrufen. Mit seiner Klage hat er von der Beklagten die Erstattung geleisteter Darlehensraten sowie der an den Händler geleisteten Anzahlung verlangt. Nach Aufrechnung gegen den Wertersatzanspruch der Beklagten wegen der Unmöglichkeit der Übereignung des Fahrzeugs sowie wegen des Fahrzeugwertverlustes hat der Kläger noch 13.723,46 EUR nebst Prozesszinsen geltend gemacht.
Die Beklagte meint, der Widerruf sei unwirksam, und behauptet, das dem Kläger überlassene Exemplar des Darlehensvertrages enthalte alle gesetzlich vorgeschriebenen Informationen. Zudem verstoße die Ausübung des Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben. Für den Fall der Wirksamkeit des Widerrufs hat sie ihr Recht geltend gemacht, Leistungen bis zur Rückgabe des Fahrzeugs zu verweigern. Ferner hat sie hilfsweise mit dem Anspruch auf Herausgabe des Gegenwertes des Fahrzeugs sowie Wertersatz für den zwischenzeitlich eingetretenen Wertverlust aufgerechnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Der Kläger habe sein Widerrufsrecht noch im Oktober 2020 ausüben können, da der vorliegende Verbraucherdarlehensvertrag keine ausreichenden Angaben zur Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes enthalte und deshalb die Widerrufsfrist nicht begonnen habe. Ein Leistungsverweigerungsrecht stehe der Beklagten nicht mehr zu, da dem Kläger wegen der Veräußerung des Fahrzeugs die Rückgabe unmöglich geworden sei. Auch verstoße die Ausübung des Widerrufsrechts nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Aufgrund des wirksamen Widerrufs habe der Kläger Anspruch auf Erstattung der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 31.902,45 EUR sowie der Anzahlung in Höhe von 5.100,00 EUR, insgesamt 37.002,45 EUR. Durch die Aufrechnung des Klägers gegen die Ansprüche der Beklagten wegen der Unmöglichkeit der Rückgabe des Fahrzeugs (16.000,00 EUR) und des am Fahrzeug eingetretenen Wertverlusts (7.278,99 EUR) sei die Klageforderung auf 13.723,45 EUR reduziert. Soweit die Beklagte mit einem Anspruch auf Verzinsung der jeweils noch offenen Darlehensvaluta hilfsweise aufgerechnet habe, stehe dem entgegen, dass sie in Ziff. IX. 5 der AGB auf eine Verzinsung verzichtet habe. Erfolg habe die Beklagte aber mit ihrer weiteren Hilfsaufrechnung mit ihrem Anspruch auf Wertersatz, der ihr über den vom Kläger bereits in Abzug gebrachten Betrag hinaus noch in Höhe von 5.460,50 EUR zustehe. Dem Kläger seien deshalb noch 8.262,95 EUR nebst Prozesszinsen zuzusprechen.
Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihre in erster Instanz verfolgten Rechtsschutzziele weiterverfolgen.
Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe der Beklagten einen zu hohen Anspruch auf Wertersatz zuerkannt. Seine Behauptung, dass der Nettopreis des Fahrzeugs um eine Händlermarge in Höhe von 19 % zu kürzen sei, habe das Landgericht nicht berücksichtigt. Ferner habe es den weiteren Vortrag übergangen, wonach das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe an ihn lediglich einen Wert in Höhe von 23.278,99 EUR gehabt habe. Der objektive Verkehrswert des Dieselfahrzeugs sei insbesondere dadurch gemindert, dass der Motor vom ...