Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 17.09.2020; Aktenzeichen 6 O 70/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 17.09.2020, Az. 6 O 70/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts Ravensburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils und des angefochtenen Urteils des Landgerichts Ravensburg vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten in zweiter Instanz bezogen auf den Nachlass der am 6.2.2018 verstorbenen K. H. auf Feststellung der Alleinerbenstellung - betreffend die Beklagte Ziff. 1 - bzw. der Nicht-Erbenstellung - dies gilt für die Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3 - in Anspruch.
Der Kläger ist Träger für Leistungen nach dem SGB II.
Die Beklagte Ziff. 1 ist die einzige Tochter der am xx.x.1947 geborenen Erblasserin. Die Beklagten Ziff. 2 und 3 sind die beiden Kinder der Beklagten Ziff. 1. Der Ehemann der Erblasserin war vorverstorben. Eine letztwillige Verfügung der Erblasserin existiert nicht.
Die Beklagte Ziff. 1 hat mit Erklärung vom 9.3.2018 gegenüber dem Amtsgericht Tettnang als Nachlassgericht die Erbschaft nach der Erblasserin ausgeschlagen. Das Amtsgericht Tettnang erließ am 15.11.2018 einen Erbschein (vgl. Anlage K 1), wonach die Erblasserin zu je 1/2 von den Beklagten Ziff. 2 und 3 beerbt worden ist.
Unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten (vgl. das von der Beklagten Ziff. 2 erstellte Nachlassverzeichnis in Anlage K 6) liegt der Wert des Nachlasses bei ca. 500.000 EUR.
Die Beklagte Ziff. 1 hat erstinstanzlich nicht bestritten, seit dem Jahr 2005 bis einschließlich Januar 2020 Sozialleistungen in Höhe von insgesamt 149.522,09 EUR - davon im Zeitraum Februar 2018 bis Februar 2020 in Höhe von 12.804,25 EUR - von dem Kläger ausbezahlt erhalten zu haben (vgl. die Aufstellung in Anlage K 2).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 17.09.2020.
Abweichend von den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist in zweiter Instanz unstreitig geworden, dass sich im Nachlass der Erblasserin lediglich zwei Wohnungen befunden haben. Eine dieser Wohnungen ist zwischenzeitlich veräußert worden. In der anderen Wohnung wohnt der Beklagte Ziff. 3 zusammen mit der Beklagten Ziff. 1, wobei zur Abtrennung jeweils eigener Bereiche eine Wand eingezogen worden ist. Die Beklagte Ziff. 1 wohnt in dieser Wohnung mietfrei.
Mit Bescheid vom 3.11.2021 hat der Kläger die Beklagte Ziff. 1 auf Erstattung von im Zeitraum vom 1.3.2018 bis zum 30.9.2021 bezogener Leistungen in Höhe von insgesamt 23.236,90 EUR in Anspruch genommen (Anlage B 5). Die Beklagte Ziff. 1 hat gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 sei unzulässig, was im Wege eines unechten Versäumnisurteils auszusprechen gewesen sei. Der Kläger habe im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 1 kein hinreichendes Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO. Ob zwischen den Beklagten ein Drittrechtsverhältnis bestehe, welches festzustellen der Kläger berechtigt sein könnte, könne offenbleiben, da ein Feststellungsinteresse des Klägers jedenfalls wegen des Vorrangs der Leistungsklage zu verneinen sei. Denn das Interesse des Klägers sei darauf gerichtet, an die Beklagte Ziff. 1 ab Februar 2018 erbrachte Sozialhilfeleistungen zurückzuerhalten und für die Zukunft nicht mehr bezahlen zu müssen. Für die Rückforderung zu Unrecht geleisteter Sozialleistungen sei im Übrigen gemäß § 51 SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Die Sozialgerichte seien auch nicht gehindert, selbst darüber zu entscheiden, ob die im Streitfall von der Beklagten Ziff. 1 abgegebene Erklärung der Ausschlagung der Erbschaft wirksam sei oder nicht. Auch im Hinblick auf zukünftige Sozialhilfeleistungen sei der Kläger nicht darauf angewiesen, isoliert im Zivilrechtsweg die Erbenstellung der Beklagten Ziff. 1 klären zu lassen. Wenn der Kläger die Auffassung vertrete, die Beklagte Ziff. 1 sei Erbin nach ihrer Mutter geworden und daher vermögend, könne er weitere Leistungen einstellen. Falls sich die Beklagte Ziff. 1 gegen diese Ablehnung weiterer Leistungen wehre, se...