Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 15.10.1999; Aktenzeichen 2 O 36/99) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15.10.1999 (2 O 36/99) wird
zurückgewiesen.
Zu Ziff. 3 des Tenors der landgerichtlichen Verurteilung wird klargestellt, daß die dort ausgeurteilten Zinsen aus jeweils 4.936,28 DM zu den fortlaufenden Terminen geschuldet werden.
2. Auf die Anschlußberufung der Kläger werden die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner weitere 34.553,96 DM nebst 11 % Zinsen aus jeweils 4.936,28 DM seit 01.10.1999, 01.11.1999, 01.12.1999, 01.01.2000, 01.02.2000, 01.03.2000 und seit 01.04.2000 zu zahlen.
3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz als Gesamtschuldner.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 140.000,– DM abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Streitwert der Berufung: |
132.630,32 DM |
Streitwert der Anschlußberufung: |
34.553,96 DM |
Streitwert insgesamt: |
167.184,28 DM |
Beschwer der Beklagten: |
über 60.000,– DM |
Tatbestand
Die Kläger haben den Beklagten durch Mietvertrag vom 16.09.1988 Teilflächen des damals noch im Bau befindlichen Gebäudes B. zur Nutzung als Gaststätte überlassen. Die Kläger begehren nach Kündigung des Mietverhältnisses Räumung sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung nebst Anwaltskosten für ein Kündigungsschreiben.
Der Mietvertrag hat eine feste Laufzeit von 10 Jahren und sollte sich um jeweils ein Jahr verlängern, wenn nicht eine der Vertragsparteien mit einer Frist von 6 Monaten kündigen würde (§ 3 Nr. 3 MV). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 30.03.1998 (K 2/Bl. 16) zuletzt mit Wirkung zum 30.11.1998 (K 5/Bl. 20). Verhandlungen der Parteien über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses scheiterten, weil über die näheren Konditionen keine Einigkeit erzielt werden konnte. Der von den Beklagten zu zahlende monatliche Mietzins betrug zuletzt 9.184,28 DM (inkl. Mehrwertsteuer und einer Nebenkostenvorauszahlung von 1.050,– DM), worauf die Beklagten seit März 1999 unstreitig nur noch 4.248,– DM monatlich zahlen. Das Mietverhältnis wurde deshalb von den Klägern vorsorglich auch noch wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt (K 10/Bl. 92). Die Kläger haben zuletzt beantragt:
- Die Beklagten werden verurteilt, die im Erdgeschoß des Gebäudes B. gelegenen Räumlichkeiten (Gaststätte) nebst Keller, Lager, Toilette und dazugehörige Parkplätze zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
- Die Beklagten werden verurteilt, an die Kläger 465,– DM vorgerichtliche Kosten nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.05.1999 zu bezahlen.
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 34.553,96 DM nebst 11 % Zinsen aus 4.936,28 DM seit 01.03.1999, 01.04.1999, 03.05.1999, 01.06.1999, 01.07.1999, 02.08.1999 und 01.09.1999 zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung als Pacht- oder als Mietvertrag wegen sittenwidriger Überhöhung des Pacht-/Mietzinses nichtig. Unter dem Blickwinkel eines Pachtverhältnisses ergebe sich die Nichtigkeit des Vertrages daraus, daß nach dem beklagtenseits eingeholten EOP-Gutachten des Sachverständigen v. Köller (B 4/Bl. 49), der unter Berücksichtigung der Lage des Objekts, der weiteren umgebenden Faktoren, der beklagtenseits getätigten Investitionen von 310.000,– DM sowie wegen nachteiliger Vertragsregelungen zu einem objektiv angemessenen Pachtzins von 2.900,– DM monatlich komme. Der vertraglich geschuldete Pachtzins überschreite diesen Betrag um mehr als 100 %, weshalb der Pachtvertrag sittenwidrig und damit nichtig sei. Insgesamt ergebe sich damit eine Überzahlung i. H. v. 450.000,– DM, was ein Zurückbehaltungsrecht begründe, das dem Räumungs- und Zahlungsanspruch entgegengesetzt werden könne. Nicht anders stelle sich die Lage dar, wenn man den Vertrag als Mietvertrag qualifiziere. Für die Hauptfläche von 119 m² sei 1988 eine Quadratmetermiete von 20 bis 23,– DM ortsüblich gewesen, für die 40 m² Nebenflächen allenfalls 8,– DM, sodaß sich ein ortsüblicher Vergleichsmietzins von 2.700,– DM netto ergebe, also gleichfalls eine Überschreitung des vertraglichen Mietzinses um mehr als 100 % festzustellen sei. Dies führe – auch im Hinblick auf die Unerfahrenheit der Beklagten – zur Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit. Die verwerfliche Gesinnung der Kläger ergebe sich schon aus dem Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung, vollends aber aus der für sie äußerst ungünstigen Vertragsgestaltung, insbesondere mit Blick auf die von ihnen nach § 7 Nr. 1 MV übernommene Ausbauverpflichtung, der nach § 10 MV keine Verpflichtung zur Übernahme und Abgeltung durch die Kläger gegenüberstehe. Als Mietverhältnis aufgefaßt ergebe sich im Vergl...