Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des FamFG im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Auf das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren in Familienstreitsachen finden die Vorschriften des FamFG Anwendung, wenn dieses Verfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist, denn es handelt sich dabei um ein Verwaltungsverfahren, das im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren selbständig ist.
2. Enthält der die Prozesskostenhilfe aufhebende Beschluss in einem solchen Fall entgegen § 39 FamFG keine Rechtsbehelfsbelehrung, wird analog § 17 Abs. 2 FamFG vermutet, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden verhindert war, die Monatsfrist für die Beschwerde einzuhalten.
Normenkette
ZPO §§ 124, 127, 172; FamFG § 17 Abs. 2, §§ 39, 112-113
Verfahrensgang
AG Schwarzenbek (Beschluss vom 18.03.2010; Aktenzeichen 8 F 211/07) |
Tenor
Der Antragsgegnerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 18.3.2010 bewilligt.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Prozesskostenhilfe aufhebende Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 18.3.2010 aufgehoben.
Gründe
A. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 18.3.2010 ist nach den §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig.
Auf das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren finden die Vorschriften des FamFG Anwendung, weil das Verfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist. Nach Art. 111 Abs. 1 FGG- Reformgesetz finden lediglich auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit am 1.9.2009 eingeleitet worden sind, weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung. Bei dem Überprüfungsverfahren handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren, das im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren selbständig ist (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 6.4.2010 - 21 WF 160/10, veröffentlicht in juris m.w.N.). Aus diesem Grund wird es allgemein auch als ausreichend erachtet, dass die Aufforderung und die Aufhebungsentscheidung der Partei persönlich und nicht an den früheren Prozessbevollmächtigten bekannt gemacht wird, es sei denn, dass sich dieser für das Abänderungsverfahren bestellt hat (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 124 Rz. 23). Hier ist das Überprüfungsverfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden und zwar durch das erste Anschreiben der Rechtspflegerin vom 28.10.2009 an die Antragsgegnerin.
Nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG gelten in Familienstreitsachen, zu denen nach § 112 Nr. 1 FamFG die Unterhaltssachen gehören, die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend, so dass auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (früher Prozesskostenhilfe) die Vorschriften der §§ 114 ZPO fortfolgende entsprechende Anwendung finden.
Die Antragsgegnerin hat nicht binnen der einmonatigen Beschwerdefrist nach Zustellung des Beschlusses gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegnerin ist der Beschluss vom 18.3.2010 ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 36 d.A.) am 1.4.2010 wirksam zugestellt worden. Zum damaligen Zeitpunkt wohnte die Antragsgegnerin bereits unter der Adresse Hohenfelder Stieg 1 in Geesthacht, unter der zugestellt worden ist. Die Zustellung des Aufhebungsbeschlusses musste nicht gem. § 172 Abs. 1 S. 1 ZPO an den früheren Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin erfolgen. Denn bei dem Überprüfungsverfahren handelt es sich um ein selbständiges Verwaltungsverfahren, so dass nach § 172 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die Zustellung nicht mehr an den Prozessbevollmächtigten des Hauptsacheverfahrens zu erfolgen hatte (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 124 Rz. 23)..
Die Antragsgegnerin ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Monatsfrist zur rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde gegen zu gewähren. Nach § 39 FamFG i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG hatte die Entscheidung über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten. Der Beschluss vom 18.3.2010 enthält eine solche nicht.
Nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 227 ZPO entscheidet über die Wiedereinsetzung das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Verfahrenshandlung zusteht. Nach § 233 ZPO liegt ein Wiedereinsetzungsgrund vor, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Dies ist vorliegend der Fall, weil der Prozesskostenhilfe aufhebende Beschluss entgegen § 39 FamFG keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt. Die Vorschrift des § 17 Abs. 2 FamFG ist analog anzuwenden. Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird aufgrund der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung vermu...