Leitsatz (amtlich)
Notwendigkeit der Anschlussberufung bei Änderung des in erster Instanz erfolgreichen Klagebegehrens.
Normenkette
BGB §§ 346, 346ff, 357 Abs. 1 S. 1, §§ 495, 812
Tatbestand
Die Parteien streiten um den vom Kläger am 3. Dezember 2015 erklärten Widerruf eines am 13. April 2007 geschlossenen und noch valutierenden Verbraucherdarlehensvertrags.
Im ersten Rechtszug hat der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 13.04.2007 geschlossene Darlehensvertrag Nr. xxx über nominell 142.000 EUR aufgrund des Widerrufs des Klägers vom 03.12.2015 nicht mehr besteht und dass der Beklagte ab dem Wirksamwerden des Widerrufs für die noch überlassene Restvaluta keine Zinsen oder Nutzungen mehr zu-stehen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sämtliche Zahlungen, die der Kläger auf das Darlehens zwischen den Parteien mit der Kontonummer xxx getätigt hat, in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen hat, seit dem jeweiligen Zahlungsdatum bis zum Wirksamwerden des Darlehenswiderrufs.
3. ... Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Feststellungsklage sei zulässig. Der Kläger habe seine Willenserklärung noch widerrufen können, weil die Beklagte eine unzureichende Belehrung verwendet habe und sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen könne. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht rechtsmissbräuchlich oder verwirkt. Ab dem Wirksamwerden des Widerrufs habe die Beklagte keinen Zinsanspruch für die Restvaluta mehr, weil sie sich in Annahmeverzug befunden habe. Die vom Kläger geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen habe die Beklagte mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren stehe dem Kläger nicht zu.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des Landgerichts, ihr stünden für die Restvaluta keine Zinsen mehr zu, sowie gegen die Höhe des von ihr geschuldeten Nutzungsersatzes.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 8. März 2017, die dem Klägervertreter in beglaubigter Abschrift am 13. März 2017 zugestellt worden ist, ist dem Kläger eine Frist zur Berufungserwiderung bis zum 7. April 2017 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 6. April 2017 hat der Kläger auf die Berufung erwidert und deren Zurückweisung beantragt. Mit Schriftsatz vom 18. April 2017 hat er Hilfsanträge gestellt, die er nach Hinweis des Senats vom 24. Mai 2017 mit Schriftsatz vom 2. Juni 2016 geändert hat.
Neben der Berufungszurückweisung beantragt der Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79.811,37 EUR (Summe sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Frist im Widerruf sowie Nutzungsentschädigung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2015 Zug-um-Zug gegen Zahlung von 189.459,45 EUR (Nettodarlehensbetrag zzgl. marktüblicher Zins) zu zahlen.
Hilfsweise, für den Fall, dass dem Hilfsantrag zu 2) stattgegeben wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 69.270,18 EUR (Summe sämtlicher Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Frist im Widerruf sowie Nutzungsentschädigung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2015 Zug-um-Zug gegen Zahlung von 189.459,45 EUR (Nettodarlehensbetrag zzgl. marktüblicher Zins) zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche seit dem 04.12.2015 auf das Darlehen Nr. ... erbrachten Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zurückzuerstatten.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 89,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.04.2017 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 2.251,48 Euro für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat zum Teil Erfolg.
A. Die Klage ist nur zum Teil zulässig.
1. Die Klage ist mit ihren auf Feststellung gerichteten Anträgen zu 1) und 2) nur zum Teil zulässig.
a) Der Feststellungsantrag zu 1) ist insoweit zulässig, als er im konkreten Fall dahin auszulegen ist, der Kläger leugne Ansprüche der Beklagten nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Entstehen des Rückgewährschuldverhältnisses.
aa) Die Auslegung prozessualer Erklärungen darf nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, Rn. 11 mwN).
Der Kläger beantragt im zweiten Teil seines Feststellungsantrags zu 1) ausdrücklich die Feststellung, dass der Beklagten ab dem Wirksamwerden des Widerrufs für die ...