Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 4 O 12/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 11. März 2022 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. April 2022 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Kiel sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung aus den Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet.
Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 13. Oktober 2014 bei der J. OHG in N. einen gebrauchten Audi Q7 3.0 TDI zu einem Kaufpreis von 47.200 EUR. Das Fahrzeug wurde erstmals am 11. Juni 2012 zugelassen. Am 16. Februar 2022 betrug der Kilometerstand des Fahrzeuges 174.123 km und am 24. Januar 2024 219.118 km.
Die Beklagte ist Fahrzeugherstellerin und Herstellerin des Motors in dem streitgegenständlichen Fahrzeug. Bei dem Motor handelt es sich um einen 3.0 Liter V6 Motor mit einer Leistung von 180 kW. Die genaue Bezeichnung des Motors ist zwischen den Parteien streitig. Nach Vortrag des Klägers ist ein Motor der Baureihe EA 897 verbaut, nach Angaben der Beklagten ein Motor Typ EA 896 Gen2. Das Aggregat verfügt über eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung und unterliegt der Schadstoffklasse Euro 5.
Einen verbindlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes für das streitgegenständliche Fahrzeug gibt es nicht.
Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.360,52 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi Q7 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer X.;
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges Audi Q7 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer X. zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen das klageabweisende Urteil. Zum Berufungsvorbringen des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 14. Juni 2022 (Bl. 341 ff. GA), vom 19. September 2023 (Bl. 490 Rs, 491 ff. GA) und vom 16. Januar 2024 (Bl. 616 Rs GA) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Kiel vom 11. März 2022 wie folgt abzuändern:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 28.360,52 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi Q7 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer X.;
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges Audi Q7 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer X. zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 7.080 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlage des Landgerichts Ravensburg mit Beschluss vom 27.10.2023 (Az. 2 O 331/19) auszusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Zu ihrem Berufungsvorbringen wird auf die Schriftsätze vom 17. August 2022 (Bl. 426 ff. GA), vom 12. Juni 2023 (Bl. 451 Rs, 452 ff. GA), vom 18. September 2023 (Bl. 472 Rs, 473 ff. GA) und vom 15. Januar 2024 (Bl. 500 Rs, 501 ff. GA) verwiesen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat weder mit den Hauptanträgen noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 31, 831 BGB gerichtet auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises in Höhe von Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des gekauften Fahrzeugs unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung (sogenannter großer Schadensersatz). Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers hat das Landgericht zutreffend verneint.
Allerdings kann die heimliche Verwendung einer als unzulässigen Abschalteinrichtung zu qualifizierenden Software sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB sein und daher Ansprüche des gutgläubigen Käufers wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, juris Rn. 16 ff.). Es s...