Bis zum 14. Juni will die Bundesregierung Eckpunkte und ein entsprechendes Förderprogramm für die neue Wohngemeinnützigkeit – damit ist gemeint, dass Unternehmen steuerlich oder durch Investitionszulagen gefördert werden und diese sich im Gegenzug auf dauerhaft günstige Mieten verpflichten – vorlegen. Ursprünglich sollte der Entwurf bereits Ende März 2023 vorliegen.
Der Termin sei wegen komplexer und aufwändiger Rechtsgebiete und der erforderlichen Abstimmungen nicht zu halten gewesen, wie Cansel Kiziltepe (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bauministerium im Bauausschuss, sagte. Sie räumte auch ein, dass die Wohnungswirtschaft eine höhere Neubauförderung bevorzugen würde.
Jan-Marco Luczak (CDU) berichtete von Rückmeldungen aus der Branche, in der das Vorhaben kritisch gesehen wird – und abgelehnt werde, dass sich die Finanzierung darauf fokussiert. Er plädierte dafür, "sozial durchmischte Gebiete" zu haben, was mit der Wohngemeinnützigkeit nicht erreicht werde.
Immobilienbranche lehnt Wohngemeinnützigkeit ab
Bei einer Anhörung im Bundestag im Oktober 2020 sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, dass ein starres staatliches System mit Preisfestlegungen, die mit dem tatsächlichen Preisgefüge nichts zu tun haben, nicht funktionieren könne.
"Die Gemeinnützigkeit ist schon einmal an der Realität gescheitert", ergänzte Stefanie Frensch, Sprecherin der Region Ost beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) bei der Anhörung. Das Ergebnis seien soziale Brennpunkte gewesen. Deshalb sollte besser auf den Ankauf von Belegungsrechten und den Neubau mit einem Mix aus günstigen und hochwertigen Mietwohnungen sowie Eigentumswohnungen gesetzt werden.
Die Wiedereinführung einer Wohngemeinnützigkeit verursache hohe Kosten, sei unwirtschaftlich und setze falsche Anreize, argumentierte Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, habe sich noch nie bewährt. Die Vorschläge zur neuen Wohngemeinnützigkeit würden nur die Verstaatlichung des Wohnungsbaus vorantreiben.
DMB: Gutachten pro neue Wohngemeinnützigkeit
Der Deutsche Mieterbund (DMB) wiederum fordert seit Jahren die Wiedereinführung einer Wohngemeinnützigkeit. Der Verband hat in Zusammenarbeit mit Jan Kuhnert, Geschäftsführer KUB Kommunal- und Unternehmensberatung GmbH, ein Gutachten erarbeitet, das am 28.11.2022 in Berlin vorgestellt wurde. "Die neue Wohngemeinnützigkeit ist eine Antwort auf den dramatischen Mangel an preiswerten Wohnungen und dem ständigen Steigen der Mieten", sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.
DMB-Gutachten "Konzept für eine neue Wohngemeinnützigkeit" Link: https://www.mieterbund.de/fileadmin/public/Studien/DMB_Gutachten_5.pdf
Wohngemeinnützigkeit: Hintergrund
Die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen gab es schon einmal – Anfang 1990 wurde das Gesetz aber abgeschafft. Die Grünen im Bundestag wollen die Idee seit Jahren wiederbeleben: Ihrem Entwurf für ein "Gesetz zur neuen Wohngemeinnützigkeit"" und einem entsprechenden Antrag der Linken-Fraktion erteilte der Bauausschuss im "alten" Bundestag am 19.5.2021 eine Absage.
Aus den Reihen der Union hieß es damals, die Lösung liege nicht in einem neuen Rechtskonstrukt und schlug die Aufstockung von Fördermitteln für den Sozialwohnungsbau vor. Die SPD war eigentlich für die Wiedereinführung, lehnte aber den Gesetzentwurf der Grünen ab. Die Begründung: Er beschränke sich auf angespannte Wohnungsmärkte.
Die Wohnungsgemeinnützigkeit kam Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung von Baugesellschaften und Baugenossenschaften auf. Ihre Hochzeit erlebte die Idee in den 1920er- und in den 1950er- bis 1970er-Jahren. 1930 wurde mit der Gemeinnützigkeitsverordnung eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, ab dem Jahr 1940 galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) – bis Ende 1989.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat vor Kurzem ein Gesetz für eine neue Wohngemeinnützigkeit angekündigt. Sandra Weeser (FDP) sagte, ihre Fraktion lehne diese auch nicht generell ab, – sie sei im Koalitionsvertrag vereinbart –, allerdings stehe sie unter der Prämisse der Finanzierbarkeit. Die FDP priorisiere die Subjektförderung wie etwa beim Wohngeld gegenüber einer Objektförderung.