1 Leitsatz

Ein Beschluss, mit dem nach Ablauf des Wirtschaftsjahres rückwirkend ein Wirtschaftsplan genehmigt wird, ist nicht nichtig, sodass die Wohnungseigentümer die beschlossenen Vorauszahlungen zu erbringen haben.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 5 WEG a. F.

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer genehmigen erst am 17.3.2017 den Wirtschaftsplan für das Jahr 2016. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geht – gestützt auf diesen Beschluss – gegen einen Wohnungseigentümer auf die Zahlung von Hausgeld vor. Der Wohnungseigentümer argumentiert, der Beschluss über den Wirtschaftsplan sei nichtig, da er erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gefasst worden sei.

4 Die Entscheidung

Dies sieht das LG anders! Die Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan für einen abgeschlossenen Zeitraum sei zwar im Regelfall anfechtbar, aber nicht nichtig. Eine Nichtigkeit würde voraussetzen, dass es keine Beschlusskompetenz gebe. So sei es aber nicht. Eine Beschlusskompetenz folge aus § 28 Abs. 1 WEG a. F. Eine Begrenzung auf ein zukünftiges Wirtschaftsjahr werde vom Wortlaut der Norm nicht zwingend vorgesehen. Zwar werde teilweise eine entsprechende Kompetenz verneint. Der BGH habe jedoch bereits entschieden, dass auch nach Ablauf eines Jahres ein Beschluss über den Wirtschaftsplan gefasst werden könne (BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 168/13, NJW 2014 S. 2197 Rz. 21). Für die Beschlusskompetenz sei nicht maßgeblich, ob es sich um einen Zweitbeschluss handele.

Hinweis

  1. Es handelt sich um einen Altfall, den es im neuen Recht so nicht mehr geben kann. Denn die Wohnungseigentümer beschließen nicht mehr – wie dies bislang der Fall war – den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne. Die Wohnungseigentümer beschließen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG vielmehr Vorschüsse zu den Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den von ihnen bestimmten Rücklagen.
  2. Allerdings kann man auch im geltenden Recht fragen, ob es möglich ist, Vorschüsse zu beschließen, wenn das Wirtschaftsjahr beendet ist. Insoweit ist es mit dem LG richtig, anzunehmen, dass so ein Beschluss grundsätzlich keiner ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht und er jedenfalls anfechtbar ist. Denn die Wohnungseigentümer haben in diesem Fall die Möglichkeit, nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG Nachschüsse zu beschließen. Nichtig wird so ein Beschluss aber weiterhin nicht sein. Denn § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG gibt den Wohnungseigentümern eine Beschlusskompetenz, Vorschüsse zu bestimmen.
  3. Unter § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG fällt auch der Beschluss über eine Sonderumlage.

5 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 19.11.2020, 2/13 S 137/19

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