Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung eines Testaments mit namentlicher Erbeinsetzung zweier Personen, denen jeweils 40 % des Nachlasswertes zugeordnet werden, während 20 % des Nachlasswertes für Grabpflege verwendet werden sollen (Abgrenzung Erbeinsetzung und Auflage).

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2088-2089, 2192

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Aktenzeichen 11F T 5/02)

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen VI 743/00)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des LG Schweinfurt vom 28.1.2002 aufgehoben.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG Bad Kissingen – Nachlassgericht – vom 21.6.2001, mit dem die Erteilung des Erbscheins vom 26.6.2001 angeordnet worden ist, wird zurückgewiesen.

III. Das AG Bad Kissingen – Nachlassgericht – wird angewiesen, der Beteiligten zu 2) einen Erbschein zu erteilen, der sie und die Beteiligte zu 1) als Erben der Erblasserin zu je 1/2 ausweist.

IV. Die Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

 

Gründe

I. Die 1909 geborene Erblasserin war verwitwet und hatte keine Kinder. Die Beteiligte zu 3) ist ihre 1911 geborene Schwester, die Beteiligten zu 1) und 2) sind deren Töchter, die Nichten der Erblasserin. Der Reinnachlass hat einen Wert von 311.803 DM (159.422 Euro).

Die Erblasserin hinterließ folgendes (mit Streichungen versehene) privatschriftliche Testament:

Ich bestimme hiermit letztwillig nachstehend aufgeführte Personen als meine Erben:

1. Meine Stieftochter, Tochter meines erstverstorbenen Mannes, Frau Ingrid …;

2. meine leibliche Nichte … (Beteiligte zu 2);

3. meine leibliche Nichte … (Beteiligte zu 1);

2 40 %

alle 3 genannten Personen sollen je 30 % meines Nachlassvermögens erhalten! 20 % Die restlichen 10 % des Wertes sollen für Grabpflege verwendet bzw. angelegt werden.

3.2.1980

31.12.1980 Ingrid erklärt mir, nichts erben zu wollen! Deshalb habe ich sie als Erbin (s. oben) gestrichen!

Auf Antrag der Beteiligten zu 2) erteilte das AG aufgrund Beschlusses vom 21.1.2001 am 26.6.2001 einen Erbschein, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben der Erblasserin zu je 1/2 auswies. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde ein mit der Begründung, sie und die Beteiligte zu 2) seien nur zu je 2/5 Erben geworden, während die Beteiligte zu 3) zu 1/5 Erbin geworden sei. Letztere sei Nutzungsberechtigte einer Grabstelle in Dresden. Mit Einverständnis der Beteiligten zu 3) habe die Erblasserin 1992 die in Offenbach beigesetzte Urne ihres verstorbenen Ehemannes in diese Grabstelle umbetten lassen. 1995 habe die Erblasserin mit Einverständnis der Beteiligten zu 3) festgelegt, dass sie auch dort bestattet werden möchte. Da die Beteiligte zu 3) alleinige Nutzungsberechtigte dieser Grabstelle sei und die Erblasserin 20 % ihres Vermögens für Grabpflege vorgesehen habe, sei die Beteiligte zu 3) auch ohne ausdrückliche namentliche Benennung zu dem entsprechenden Bruchteil Miterbin geworden.

Das LG hat der Beschwerde der Beteiligten zu 1) stattgegeben und mit Beschluss vom 28.1.2002 den Erbschein des AG vom 26.6.2001 eingezogen und das Nachlassgericht angewiesen, einen neuen Erbschein mit den Quoten zu je 2/5 für die Beteiligten zu 1) und 2) und zu 1/5 für die Beteiligte zu 3) zu erteilen. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben daraufhin die ihnen ausgereichten Ausfertigungen des Erbscheins vom 26.6.2001 zurückgegeben. Gegen die Entscheidung des LG wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde.

II. 1. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 20 Abs. 2, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG). Es ist insb. in der erforderlichen Form eingelegt worden (§ 29 Abs. 1 S. 2 FGG). Die weitere Beschwerde ist auf die Neuerteilung eines dem Erbschein vom 26.6.2001 entsprechenden Erbscheins gerichtet, nachdem dieser Erbschein durch die landgerichtliche Entscheidung eingezogen worden ist und die Beteiligten zu 1) und 2) die ihnen erteilten Ausfertigungen an das Nachlassgericht zurückgegeben haben.

2. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg.

a) Das LG hat die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1) zu Recht angenommen. Die Beteiligte zu 1) hat geltend gemacht, zu einem geringeren Bruchteil Miterbin geworden zu sein, als der Erbschein vom 26.6.2001 ausweist. Eine Rechtsbeeinträchtigung i.S.d. § 20 Abs. 1 FGG liegt auch vor, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, er sei nur zu einem geringeren Bruchteil, als in der angefochtenen Entscheidung angegeben, Miterbe geworden. Maßgeblich ist hier, dass die Beschwerdeführerin vorgetragen hat, der Erbschein gebe ihre erbrechtliche Stellung nicht richtig wieder (vgl. BGH NJW 1959, 1730; BayObLG, Beschl. v. 24.7.1984 – BReg. 1 Z 41/84, FamRZ 1984, 1268 [1269]; Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 20 Rz. 73; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 20 Rz. 54).

b) Aus Rechtsgründen ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass das LG von der Formgültigkeit des Testaments vom 3.2.1980 mit Zusatz vom 31.12.1980 ausgegangen ist, obwohl es Durchstreichungen und Korrekturen...

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