Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsanwalt verdient keine Terminsgebühr, wenn er bei der Behörde fernmündlich vorstellig wird, um eine außergerichtliche Erledigung des Verfahrens zu erreichen, die Behörde aber im Laufe der Besprechung eine Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens für sich nicht ins Auge fasst. Die Besprechung ist dann nicht darauf gerichtete, dass Gerichtsverfahren zu vermeiden oder zu erledigen.

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 30.11.2005)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 302,06 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller, dessen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO im Beschwerdeverfahren Erfolg gehabt hat, begehrt, dass bei der Festsetzung der zu erstattenden Kosten zusätzlich eine Terminsgebühr in Höhe von 302,06 Euro festgesetzt werde. Diese sei deshalb entstanden, weil sein Bevollmächtigter nach Einreichung des Widerspruchsschreibens, mit dem er auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches bei der Antragsgegnerin begehrt habe, mit dem Justitiariat des Personalamtes der Antragsgegnerin telefoniert habe, dieses zwar die rechtlichen Schwierigkeiten des Falles eingeräumt habe aber erklärt habe, dass die Behörde den Fall als Präzedenzfall ansehe und die Behörde bis hin zur Leitungsspitze aber auch die allgemeine Rechtsabteilung und das Personalamt es darauf ankommen lassen wolle, weshalb dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werde.

Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen die Ablehnung der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 30. November 2005 zurückgewiesen. Eine Terminsgebühr gemäß VV 3104 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sei nicht entstanden, weil auf Seiten der Antragsgegnerin keine Gesprächsbereitschaft vorhanden gewesen sei, die darauf gerichtet gewesen wäre, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend und aus zutreffenden Gründen hat das Verwaltungsgericht die Festsetzung einer zusätzlichen Terminsgebühr abgelehnt, denn eine solche ist nicht durch das Telefonat des Vertreters des Antragstellers mit der Antragsgegnerin am 25. Mai 2005 entstanden.

Auch nach Darstellung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin in diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass eine Einigung nicht in Betracht komme. Die Antragsgegnerin sehe den Fall als Präzedenzfall an und wolle es darauf ankommen lassen. Eine wie auch immer geartete Einigungsbereitschaft der Antragsgegnerin kann daraus nicht entnommen werden. Vielmehr sind die Darstellungen des Antragstellers über das Gespräch dahingehend zu verstehen, dass der Antragsgegnerin nicht an der Vermeidung eines Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes gelegen war, sondern sie an ihrem Rechtsstandpunkt festhielt und auch an einer ggf. gerichtlichen Klärung der von ihr vertretenen Rechtsansicht durchaus interessiert war. Bei dieser Sachlage kann nicht, wie dies gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG erforderlich ist, davon ausgegangen werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitgewirkt hat. Denn entgegen der Ansicht des Antragstellers und gegen die Ansicht des OLG Koblenz (Beschl. v. 3.5.2005, MDR 2005, S. 1137, 1138) ist nach Ansicht des Senates eine Terminsgebühr erst dann entstanden, wenn der Rechtsanwalt an einer Besprechung mitgewirkt hat, die objektiv auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet war. Eine einseitige Absicht, das gerichtliche Verfahren zu erledigen oder zu vermeiden, reicht mithin nicht aus, um eine Terminsgebühr entstehen zu lassen. Vielmehr ist auch erforderlich, dass die Gegenseite die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens zumindest im Laufe der Besprechung für sich mit ins Auge fasst und die Besprechung (auch) zu diesem Zwecke führt.

Für diese Auslegung der Vorbemerkung 3 Abs. 3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG spricht zum einen der Wortlaut. Darin ist von gerichteter Besprechung die Rede, was darauf hindeutet, dass nicht nur ein Teilnehmer die Richtung der Besprechung einseitig bestimmen kann. Es dürfte für die Annahme einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung schwerlich ausreichen, wenn die derartige Intentionalität nur von einer Seite vertreten wird. Denn dann entwickelt sich entweder nur ein Monolog, so dass es an einer Besprechung fehlt, oder die gesamte Besprechung ist eben gerade nicht auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet. Vielmehr ergibt sich bei einem offenen Dissens insoweit allenfalls ein Streit, ob denn über di...

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