Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Entstehung des Vergütungsanspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters

 

Normenkette

InsO § 54 Nr. 2, § 64

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Entscheidung vom 10.06.2010; Aktenzeichen 6 IN 6/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen IX ZB 210/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1368,50 Euro

 

Tatbestand

I.

Die Gläubigerin beantragte die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Mit Beschluss vom 9.2.2010 bestellte das Amtsgericht den Beschwerdeführer zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Nachdem der Schuldner die Forderung ausgeglichen hat, hat die Gläubigerin die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat daraufhin die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters aufgehoben. Dieser hat am 26.2.2010 beim Amtsgericht die Festsetzung seiner Vergütung in Höhe von 1.368,50 Euro beantragt. Mit Beschluss vom 16.4.2010 hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist und dem Schuldner die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Beschluss vom 10.6.2010 hat das Amtsgericht den Vergütungsantrag des vorläufigen Insolvenzverwalters unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 3.12.2009, Az: IX ZB 280/08 zurückgewiesen.

Gegen den am 16.6.2010 zugestellten Beschluss hat der vorläufige Insolvenzverwalter am 29.6.2010 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er weiterhin die Festsetzung seiner Vergütung begehrt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Insolvenzgericht für die Festsetzung der Vergütung der Höhe nach zuständig sei. Im Übrigen sei die Rechtsprechung des BGH, nach der der vorläufige Insolvenzverwalter zur Durchsetzung seines Anspruchs auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde, unzutreffend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 29.6.2010 (Bl. 66 – 71 d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt. Gegenüber dem Landgericht hat der vorläufige Insolvenzverwalter seine Rechtsauffassung näher begründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 21.7.2010 (Bl. 76 – 82 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Die Kammer folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die Festsetzung des Vergütungsanspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht erfolgen kann, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wurde. Der BGH hat in der vom Amtsgericht zitierten Entscheidung vom 3.12.2009 ausgeführt, dass eine Vergütungsfestsetzung durch das Insolvenzgericht in derartigen Fällen wie dem vorliegenden nicht erfolgen darf. Denn die Vergütungsfestsetzung setzt voraus, dass es sich, bei dem Vergütungsanspruch um eine Massekostenforderung gem. § 54 Nr. 2 InsO handelt. Dies aber kann nur im eröffneten Insolvenzverfahren der Fall sein. Bereits zur Vergütung des Sequesters im Gesamtvollstreckungs- bzw. im Konkursverfahren hatte der BGH (Urt. v. 13.12.2007 – IX ZR 195/06 – BGHZ 175, 48, sowie Beschl. v. 23.07.2004 – IX ZB 256/03 – ZIP 2008) darauf erkannt, dass in dem Fall, in dem das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden ist, die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht in dem Verfahren nach § 64 InsO, §§ 8, 10 InsVV festgesetzt werden könne. Hieran hat der BGH im vorliegenden Beschluss für das Insolvenzverfahren fest. Dem Amtsgericht ist es als Insolvenzgericht auch nicht möglich, eine Kostengrundentscheidung dergestalt zu fällen, dass die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt werden, da die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht zu den Kosten des Verfahrens zu zählen sind (BGH, Beschl. v. 22.01.2004 – IX ZB 123/03 – BGHZ 157, 370, 374). Im Eröffnungsverfahren stehen sich – anders als im eröffneten Insolvenzverfahren – nur der antragstellende Gläubiger und der Schuldner den Parteien eines Zivilprozesses ähnlich gegenüber, während, wie der IX. Zivilsenat ausführt, der vorläufige Insolvenzverwalter nicht Partei des Verfahrens ist. Er ist auch nicht in dem Sinne Beteiligter, dass es um seine Befugnisse und Rechte ginge. Daher greift das Festsetzungsverfahren nicht.

Die Regelung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO mit ihrer Verweisung auf § 64 InsO steht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach Auffassung der Kammer nicht zwingend entgegen, da die Festsetzung der Vergütung gemäß § 64 InsO voraussetzt, dass es sich bei dem Vergütungsanspruch um eine Massekostenforderung gemäß § 54 Nr. 2 InsO handelt (vgl. Smid, jurisPR-lnsR 3/2010 Anm. 3). Nach dieser Vorschrift sind zwar auch die Vergütungen und Auslagern des vorläufigen Insolvenzverwalters „Kosten des Insolvenzverfahrens”. Doch betrifft sie nur den Fall, dass das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (BGHZ 175, 48, 50, vgl. hierzu auch LG Duisburg, Beschluss vom 20.05.2010, Az: 7 T 105/10).

Der sofortigen Beschw...

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