Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, inwieweit es eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt, wenn Eintrittskarten für eine internationale Sportveranstaltung ohne Zustimmung des Veranstalters im Rahmen eines Gewinnspiels ausgelobt werden.

 

Tenor

  • 1.

    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls die Verfügungsbeklagten nicht vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Streitwert: 100.000,00 EUR

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist die U. mit Sitz in N., Schweiz. Sie ist der europäische Kontinentalverband des Fußballs, ihre Mitglieder sind die nationalen Dachverbände des Fußballsports in Europa. Sie veranstaltet unter anderem die Europameisterschaft 2012, die ab 08.06.2012 in Polen und in der Ukraine stattfinden wird. Sie hat dazu mehrere Gemeinschaftsmarken eintragen lassen, u.a. die Wortmarken "UEFA EURO 2012", "EM 2012" und "Poland Ukraine 2012" (i.E siehe Antragsschrift S. 5 mit Anl. AS 3). Die Eintrittskarten für die Europameisterschaft werden von der Verfügungsklägerin ausschließlich im Direktvertrieb vergeben, um die Fans möglichst breit zu vertretbaren Preisen mit Eintrittskarten zu versorgen. Darüber hinaus vergibt die Verfügungsklägerin Kartenkontingente u.a. an Sponsoren, die solche Karten im Rahmen von Gewinnspielen verlosen können. Nach unbestritten gebliebenen Angaben in der mündlichen Verhandlung werden von Sponsoren alleine hierfür zweistellige Millionenbeträge gezahlt.

Die Verfügungsbeklagte zu 1 ist deutsches Tochterunternehmen des europaweit agierenden Handelskonzerns X., einem Handels- und Logistikunternehmen für IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Die Verfügungsbeklagte zu 2 ist das deutsche Tochterunternehmen des internationalen Technologiekonzerns Y., der u.a. Bildschirme herstellt. Die Verfügungsbeklagten betreiben gemeinsam seit 23.01.2012 ein Gewinnspiel, an dem Fachhändler mit jedem fakturierten Display der Verfügungsbeklagten zu 2 teilnehmen und dabei insgesamt 7 Tickets für das Auftaktspiel Deutschland gegen Portugal gewinnen können. Dieses Gewinnspiel war über ein Banner auf der Homepage der Verfügungsbeklagten zu 1 erreichbar, das einen Link zu der Gewinnspielseite enthielt; dort heißt es unter anderem: "WIR HOLEN DEN POKAL. Ergreifen Sie die Möglichkeit und seien Sie LIVE dabei, wenn für Deutschland die EM 2012 eröffnet wird. X und X fährt mit Ihnen zum deutschen EM-Auftaktspiel Deutschland gegen Portugal am 05. Juni in Lwiw!" Insgesamt sollten 7 Tickets verlost werden. Wegen der Einzelheiten der Darstellung wird auf Anl. AS 10 (dort Bl. 4 bis 6) Bezug genommen.

Über das Gewinnspiel wurde auch in der Zeitschrift "C. ", Ausgabe Nr. 11 vom 15.03.2012 berichtet, wie aus Anl. AS 10 (dort Bl. 1 bis 3) ersichtlich (nachfolgend kurz: C.).

Die Verfügungsbeklagten sind keine Sponsoren der Europameisterschaft oder sonst mit der Verfügungsklägerin in Bezug auf die Nutzung dieser Meisterschaft für Werbezwecke vertraglich verbunden. Eine Zustimmung der Verfügungsklägerin zur Auslobung der Eintrittskarten in diesem Gewinnspiel liegt nicht vor.

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagten durch Anwaltsschreiben vom 22.03.2012 abmahnen lassen, weil sie in dem Gewinnspiel und seiner Bewerbung die Verletzung ihrer Markenrechte und auch unlautere geschäftliche Handlungen gesehen hat (Anl. AS 12). Die Verfügungsbeklagten haben es abgelehnt, die dort geforderte Unterlassungserklärung abzugeben (Schriftverkehr Anl. AS 13).

Die Verfügungsklägerin begehrt deshalb den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die den Verfügungsbeklagten im Wesentlichen die nicht von der Verfügungsklägerin autorisierte Verwendung von Eintrittskarten im Rahmen eines Gewinnspiels untersagen soll.

Die Verfügungsklägerin macht dabei ausdrücklich keine markenrechtlichen Schutzrechte geltend. Sie ist der Ansicht, es handele sich aber um unlautere geschäftliche Handlungen im Wege sogenannten Ambush Marketings. Dieses zeichne sich dadurch aus, dass es von Unternehmen angewandt werde, die den Veranstalter oder seine Großveranstaltung nicht mitfinanzierten und deshalb die Marketingaktion nicht mit dessen Einverständnis durchführten. Die Aktion ziele aber darauf ab, zumindest das Interesse des Verkehrs und den guten Ruf der Großveranstaltung für eigene geschäftliche Zwecke auszunutzen, sich durch die Werbung mit der Großveranstaltung zu assoziieren und das Image der Großveranstaltung auf sich zu übertragen, dies ohne Zustimmung des Rechteinhabers und ohne Zahlung einer Vergütung, wie sie Sponsoren oder Lizenznehmer bezahlten. Die Verfügungsklägerin verweist u.a. auf ein Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.01.2012 (35 O 95/11 KfH), mit dem einem anderen Unternehmen die nicht autorisierte kom...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge