Leitsatz (amtlich)

1. Auch mehrere Aufträge betreffen regelmäßig dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden kann und insbesondere die innerlich zusammengehörenden Gegenstände von dem Rechtsanwalt einheitlich bearbeitet werden können.

2. § 158n VVG a.F. (§ 128 VVG n.F.) erfasst nur den Fall, dass der Versicherer Deckungsschutz für eine bestimmte Interessenwahrnehmung vollständig versagt, also erklärt, dass keine Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehe. Hingegen befasst sich § 158n VVG a.F. nicht mit der Frage, welche Leistungen der Versicherer im Rahmen eines zugesagten Deckungsschutzes zu erbringen hat.

3. Es ist keine europarechtskonforme Auslegung von § 158n VVG a.F. (§ 128 VVG n.F.) dahingehend vorzunehmen, dass dieser über seinen insoweit eindeutigen Wortlaut hinaus auch dann anzuwenden ist, wenn der Versicherer sich auf andere Deckungsablehnungsgründe als eine fehlende Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit der rechtlichen Interessenwahrnehmung beruft. Ebenso wenig bedarf es wegen dieser Frage einer Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH gemäß Art 267 III AEUV, weil Art 6 der Richtlinie 87/344/EWG hinsichtlich der Frage, in welchen Fällen das Schiedsverfahren eingeschaltet werden soll, eindeutig ist und § 158n VVG a.F. (§ 128 VVG n.F.) offensichtlich nicht gegen diese unionsrechtliche Bestimmung verstößt, sondern mit dieser vereinbar ist.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 16.02.2016; Aktenzeichen 24 O 225/14)

 

Tenor

1. Das Teilversäumnisurteil des Senats vom 16.02.2016 - 9 U 41/15 - wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass sich die Kostenentscheidung und die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richten.

2. Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz tragen der Kläger zu 76 % und die Beklagte zu 24 %, mit Ausnahme der weiteren, im Zusammenhang mit der Säumnis des Klägers im Verhandlungstermin vom 16.02.2016 entstandenen Kosten, die dem Kläger auferlegt werden.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 II, 313a ZPO abgesehen.

II. Gegenstand des nach rechtzeitigem Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil des Senats vom 16.02.2016 noch anhängigen Berufungsverfahrens ist zum einen die im angefochtenen Urteil des LG zu Unrecht titulierte Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung des Klägers und seiner mitversicherten Ehefrau von den in der Kostenrechnung der Kanzlei N C E vom 29.01.2014 abgerechneten außergerichtlichen Anwaltskosten (2.830,18 EUR) und den im Güteverfahren entstandenen Anwaltskosten (1.426,99 EUR) in Höhe von insgesamt 4.257,17 EUR. Insoweit ist die Berufung der Beklagten begründet.

Des Weiteren ist noch streitgegenständlich der im angefochtenen Urteil des LG zu Unrecht zuerkannte Anspruch des Klägers auf Deckungsschutz hinsichtlich der angefallenen bzw. noch anfallenden Kosten seines Prozessbevollmächtigten - einschließlich der von letzteren verauslagten Gerichtskosten - im Zusammenhang mit der gerichtlichen Durchsetzung seiner Ansprüche gegen die Anlageberatungsgesellschaft T GmbH - im folgenden T - vor dem LG Saarbrücken - zum Teil abgerechnet mit 4.431,36 EUR und Gegenstand des Freistellungsantrags zu 1), zum Teil Gegenstand des Feststellungsantrags zu 2) -. Hinsichtlich dieses Anspruchs ist die Klage derzeit unbegründet und die Berufung der Beklagten ebenfalls begründet.

Aufgrund der Unbegründetheit des Einspruchs der Kläger war das angefochtene Teilversäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Für den Versicherungsfall ist das Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden, weil der Versicherungsfall vor dem 01.01.2009 eingetreten ist (Art 1 II EGVVG). Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf seine Ausführungen im Teilversäumnis- und Teilurteil vom 16.02.2016.

1. Freistellungsantrag zu 1) betreffend die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers für die außergerichtliche Tätigkeit i.H.v. 2.830,18 EUR und die im Güteverfahren gegen die T entstandenen Gebühren i.H.v. 1.426,99 EUR, insg. 4.257,17 EUR:

Dem Kläger steht der hinsichtlich dieser Gebühren geltend gemachte Freistellungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht zu.

a) Bei den Anwaltsgebühren, die im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs des Klägers und seiner Ehefrau gegenüber der T und deren Geltendmachung im Güteverfahren entstanden sind, handelt es sich nicht um "gesetzliche Gebühren" eines für den Kläger als Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts i.S.d. § 2 I a) ARB 75, so dass diese im Rahmen der Rechtsschutzversicherung nicht versichert und damit von der Beklagten nicht zu erstatten sind. Da von einer gebührenrechtlichen Identität der Angelegenheiten "Schade...

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