Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Rechtsangleichung. Medizinprodukte. Humanarzneimittel. Befugnis der zuständigen nationalen Behörde, ein Erzeugnis, das in einem anderen Mitgliedstaat als mit einer CE-Kennzeichnung versehenes Medizinprodukt in Verkehr gebracht wird, als Humanarzneimittel einzustufen. Anzuwendendes Verfahren
Normenkette
Richtlinie 93/42/EWG; Richtlinie 2001/83/EG
Beteiligte
Lääkealan turvallisuus- ja kehittämiskeskus |
Sosiaali- ja terveysalan lupa- ja valvontavirasto |
Tenor
1. Die in einem Mitgliedstaat gemäß der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 geänderten Fassung vorgenommene Einstufung eines Erzeugnisses als mit einer CE-Kennzeichnung versehenes Medizinprodukt schließt es nicht aus, dass die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats dieses Präparat aufgrund seiner pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkungen als Arzneimittel im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 geänderten Fassung einstufen.
2. Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats müssen, um ein in einem anderen Mitgliedstaat bereits nach der Richtlinie 93/42 in der durch die Richtlinie 2007/47 geänderten Fassung als mit einer CE-Kennzeichnung versehenes Medizinprodukt eingestuftes Erzeugnis als Arzneimittel im Sinne der Richtlinie 2001/83 in der durch die Verordnung Nr. 1901/2006 geänderten Fassung einzustufen, vor Durchführung des in der Richtlinie 2001/83 in der durch die Verordnung Nr. 1901/2006 geänderten Fassung vorgesehenen Einstufungsverfahrens das Verfahren nach Art. 18 und nötigenfalls sogar das nach Art. 8 der Richtlinie 93/42 in der durch die Richtlinie 2007/47 geänderten Fassung anwenden.
3. In ein und demselben Mitgliedstaat kann ein Erzeugnis, das mit einem anderen als Arzneimittel eingestuften Erzeugnis zwar nicht identisch ist, aber denselben Bestandteil wie dieses enthält und dieselbe Wirkungsweise wie dieses hat, grundsätzlich nicht als Medizinprodukt nach der Richtlinie 93/42 in der durch die Richtlinie 2007/47 geänderten Fassung vertrieben werden, es sei denn, eine andere im Hinblick auf Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42 relevante Eigenschaft verlangt, dass es als Medizinprodukt eingestuft und vermarktet wird, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 27. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Februar 2012, in dem Verfahren
Laboratoires Lyocentre
gegen
Lääkealan turvallisuus- ja kehittämiskeskus,
Sosiaali- ja terveysalan lupa- ja valvontavirasto
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), U. Lõhmus, M. Safjan und der Richterin A. Prechal,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Laboratoires Lyocentre, vertreten durch E. Mikkola, asianajaja,
- der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski und J. Leppo als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch S. Šindelková als Bevollmächtigte,
- der estnischen Regierung, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, vertreten durch H. Walker als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennelly und G. Facenna, Barristers,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sipos, I. Koskinen und M. Šimerdová als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. Mai 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169, S. 1) in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 (ABl. L 247, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/42) sowie der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl. L ...