Leitsatz (amtlich)

1. Nimmt der Besteller eines Werks den Unternehmer aus §§ 280 oder 281 BGB auf Schadensersatz wegen Mängeln in Anspruch, ohne die Leistung abgenommen zu haben, hat der Unternehmer darzulegen und zu beweisen, dass er den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hat.

2. Behauptet der Besteller, der von ihm mit der Bauüberwachung (Leistungsphase 8 der HOAI) beauftragte Architekt, dessen Leistung er nicht abgenommen hat, habe in einem Punkt die Rechnung eines ausführenden Unternehmers nicht richtig geprüft, so hat der Architekt darzulegen und zu beweisen, dass seine Rechnungsprüfung richtig ist.

3. War die Rechnungsprüfung fehlerhaft, hat der Besteller darzulegen, welcher Schaden ihm daraus entstanden ist. Dieser Schaden entsteht in der Regel mit der Überzahlung des Unternehmers. Allein mit der Behauptung, die vom Unternehmer in Rechnung gestellten Mengen und Massen seien unzutreffend, hat der Besteller seinen angeblichen Schaden der Höhe nach nicht ausreichend dargelegt.

4. Am Überzahlungsschaden kann den Besteller ein Mitverschulden treffen.

5. Aus § 305c Abs. 2 BGB ergibt sich, dass nicht jede Unklarheit in einer allgemeinen Geschäftsbedingung zu ihrer Intransparenz führt

6. Nimmt die Vertragsstrafenklausel in den AGB eines Werkbestellers zur Bestimmung einerseits der Obergrenze und andererseits des Tages- oder Wochensatzes auf unterschiedliche Beträge Bezug (z.B.: einerseits Auftragssumme, andererseits Schlussrechnungssumme), wird die Klausel dadurch nicht intransparent (Abweichung von BGH, Urteil vom 6.12.2007, VII ZR 28/07).

7. Beansprucht der Werkbesteller vom Unternehmer eine Vertragsstrafe wegen Nichteinhaltung eines Vertragstermins, so hat der Unternehmer zu beweisen, zu dem Termin abnahmereif geleistet zu haben (§ 345 BGB).

8. Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrags eine Kostenobergrenze für das Projekt, so stellt dies keine Beschaffenheitsvereinbarung für die Werkleistung des Architekten dar. Die rechtliche Bedeutung einer Kostenobergrenze liegt darin, dass sie die kostenbezogenen Vertragspflichten des Architekten konkretisiert.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 8 O 209/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.05.2020; Aktenzeichen VII ZR 192/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts vom 10. Februar 2016 in Ziff. 1 bis 3 abgeändert. Seine Ziff. 1 und 2 lauten fortan wie folgt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 142.328,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2012 sowie weitere 2.115,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. April 2012 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen mit Ausnahme des Schadensersatzanspruchs, den die Klägerin auf Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Gewerk Abdichtigungsarbeiten (Ziff. 6 der Klageschrift, S. 17 ff) stützt. Insoweit bleibt die Entscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit Ausnahme der Entscheidung über den dem Schlussurteil vorbehaltenen Teil des Klage- und Berufungsantrags.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten

IV. Dieses und fortan auch das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird in dem unter B. VII. erläuterten Umfang zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen der mangelhaften Erfüllung eines Architektenvertrags in Anspruch.

Die Klägerin war Eigentümerin der Grundstücke A... . Die dort stehenden Gebäude waren früher eine Kaserne. Im Jahr 2006 plante die Klägerin, sie zu modernisieren, in Wohnungen umzubauen und in Wohneigentum aufzuteilen.

Am 20. April 2006 beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1) mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 nach HOAI für dieses Vorhaben. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Die Beklagte zu 1) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts deren Gesellschafter die Beklagten zu 2) und 3) waren, die beide Architekten sind.

Vor der Vergabe von Bauleistungen erstellte die Beklagte zu 1) Leistungsverzeichnisse für die jeweiligen Gewerke und stellte der Klägerin ein Vertragsformular zur Verfügung, das ausgefüllt sodann auch Grundlage der Bauverträge mit den beauftragten Bauunternehmen wurde.

Unter Ziff. 4 "Ausführungszeitraum" gaben die Klägerin und das jeweilige Bauunternehmen in der Regel den Zeitpunkt von Beginn und Abschluss der Arbeiten an. In Ziff. 6 "Vertragsstrafen" heißt es, wobei die Klägerin als "AG" (= Auftraggeber), das jeweilige Bauunternehmen als "AN" (= Auftragnehmer) bezeichnet wird:

"6.1

Der AG ist berechtigt,...

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