Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung des Mieters wegen Gesundheitsgefährdung
Leitsatz (amtlich)
Bei einer fristlosen Kündigung des Mieters wegen Gesundheitsgefährdung nach § 569 Abs. 1 BGB ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig (§ 543 Abs. 3 Satz 1 BGB), es sei denn einer der Ausnahmetatbestände des § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB liegt vor, was vom Mieter darzulegen oder zu beweisen ist.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 2. September 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Stendal (3 C 66/03 (3.1)) wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Kautionsrückzahlungs- und Mietzinsansprüche aus einem Wohnraummietvertrag.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellung im ersten Rechtszug wird auf das angefochtene Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme die auf Rückzahlung der Mietkaution gerichtete Klage abgewiesen und auf die Widerklage des Beklagten die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, rückständigen Mietzins sowie Nebenkosten i. H. v. insgesamt 5.040,60 Euro an den Beklagten zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat es abgewiesen.
Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, das Mietverhältnis sei weder durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 10.5.2002 noch durch die Kündigung vom 3.6.2002 beendet worden. Eine auf Gesundheitsgefährdung gestützte Kündigung gemäß § 569 BGB setze grundsätzlich eine vorangegangene Abmahnung oder Abhilfefrist voraus, woran es im vorangegangenen Fall fehle. Diese Abhilfefrist sei auch nicht entbehrlich gemäß §§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 oder 2 BGB, weil der Beklagte einerseits um Abhilfe bemüht war, andererseits es den Klägern zuzumuten gewesen wäre, die Sanierungsbemühungen des Vermieters abzuwarten.
Die Widerklage sei überwiegend begründet. Der Beklagte habe gegen die Kläger als Gesamtschuldner einen Anspruch aus § 535 BGB auf Zahlung rückständigen Mietzinses sowie Nebenkosten i. H. v. insgesamt 5.040,60 Euro, da der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag nicht beendet worden sei, sondern fortbestehe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit welcher sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sowie Bezugnahme auf diverse Literaturmeinungen in der Mietrechtskommentierung vortragen, entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts sei die außerordentliche Kündigung nach § 569 BGB nicht von den Voraussetzungen des § 543 Abs. 3 BGB abhängig, weil § 569 Abs. 1 BGB lediglich auf § 543 Abs. 1 BGB, nicht aber auf dessen Abs. 3 verweise und im Übrigen die Regelung des § 543 Abs. 3 BGB nicht gelte, weil der Kündigungsgrund nicht in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, sondern aus der Beschaffenheit der Mietsache herrühre.
Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 569 BGB keine inhaltliche Änderung des § 544a a. F. gewollt.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Stendal vom 2. September 2004, Az: 3 C 66/03 aufzuheben, den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.472,52 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen und die Widerklage abzuweisen,
hilfsweise:
den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter teilweiser Verteidigung des amtsgerichtlichen Urteils sowie unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt er vor, die Kläger hätten die sofortige Reaktion des Beklagten, die erkennbar darauf abzielte, die gerügten Mängel abzustellen, nicht angenommen oder unterstützt, sondern in dem Schimmelpilzbefall die Gelegenheit gesehen, sich aus dem Mietvertrag zu lösen. Die Beseitigung des Mangels sei zwischenzeitlich problemlos und in kürzester Frist erfolgt.
Im Übrigen hätten die Kläger - ohne dass das Urteil des Amtsgerichts darauf abstellt - nicht dargelegt, dass die Benutzung des Mietraumes mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden war.
Schließlich habe das Amtsgericht dem Beklagten sogar weniger zugesprochen als ihm zustehe, weil auch der Mietzins für den Monat Februar 2003 im Wege der Widerklage geltend gemacht worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
Sie ist indes nicht begründet.
A. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die auf Rückzahlung der Mietkaution gerichtete Klage abgewiesen, weil das Mietverhältnis nicht durch die Kündigungen der Kläger vom 10.5.2002 und 3.6.2002 beendet worden ist.
Es stellt sich bereits die Frage, ob überhaupt ein Kündigungsgrund nach § 569 Abs. 1 BGB b...