Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes. Rückwirkungsverbot. Berechnung. Mindestruhegehalt. Versorgungsabschlag
Leitsatz (amtlich)
1. Die rückwirkende (klarstellende) Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Das nach § 14a BeamtVG vorübergehend erhöhte Ruhegehalt ist auf der Grundlage des nach § 14 Abs. 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4 1 BeamtVG berechneten Ruhegehaltssatzes zu ermitteln.
3. Das Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 4 BeamtVG wird nicht vorübergehend erhöht.
Normenkette
BBG § 42 Abs. 1; BeamtVG §§ 14, 14a Abs. 1, § 36 Abs. 3 S. 1, § 53 Abs. 7, § 66 Abs. 2, § 69e Abs. 3, § 85 Abs. 4; DNeuG § 17 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die am … 1951 geborene Klägerin war Postobersekretärin in Diensten der Beklagten und wurde mit Wirkung vom 01.07.2007 wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Das erdiente Ruhegehalt wurde ausgehend von einem Ruhegehaltssatz von 56,66 vom Hundert der ruhegehaltfähigen und nach § 69e Abs. 3 BeamtVG angepassten Dienstbezüge auf 1.221,05 Euro festgesetzt. Unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlages nach § 14 Abs. 3 BeamtVG in Höhe von 10,8 vom Hundert ergab sich so ein erdienter Versorgungsbezug von 1.089,18 Euro. Angesichts der sich hieraus ergebenden Überschreitung der amtsabhängigen Mindestversorgung von 766,72 Euro und der Unterschreitung der amtsunabhängigen Mindestversorgung von 1.225,81 Euro wurde der Klägerin der letztgenannte Betrag als zahlbarer Versorgungsbezug mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 28.09.2007 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung die vorübergehende Erhöhung ihrer Versorgungsbezüge nach § 14a BeamtVG.
Mit Bescheid vom 22.11.2007 erhöhte die Beklagte den Ruhegehaltssatz der Klägerin vom 01.07.2007 an gemäß § 14a Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BeamtVG vorübergehend von 56,66 vom Hundert auf 65,99 vom Hundert. Zur Begründung heißt es, die Voraussetzungen des § 14a Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 BeamtVG lägen vor. Die Klägerin sei dienstunfähig im Sinne des § 42 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und habe das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet. Ihr Ruhegehaltssatz betrage weniger als 70 vom Hundert, und sie habe keine Einkünfte im Sinne des § 53 Abs. 7 BeamtVG. Weiterhin habe sie die Wartezeit von 60 Kalendermonaten für eine Regelaltersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt, erhalte jedoch keine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, weil die Anspruchsvoraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Der Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung Saarland vom 18.07.2007 weise in der Zeit vom 21.06.1968 bis 30.11.1983 Zeiten mit Pflichtbeiträgen auf. Für die Erhöhung des Ruhegehaltssatzes seien insgesamt 112 Monate anrechnungsfähig. Bei insgesamt 112 anrechenbaren Kalendermonaten (100 Monate mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie 12 Monaten an Kindererziehungszeiten) ergebe sich bei einem Erhöhungssatz von einem Zwölftel je Monat ein Gesamterhöhungssatz von 9,33 vom Hundert, so dass bei einem maßgebenden Ruhegehaltssatz von 56,66 vom Hundert der vorübergehend erhöhte Ruhegehaltssatz 65,99 vom Hundert betrage.
Die Neuberechnung der Versorgungsbezüge der Klägerin durch die Beklagte erfolgte dann in der Weise, dass entsprechend der eingangs dargestellten ursprünglichen Berechnung verfahren und lediglich anstelle des zunächst zugrundegelegten Ruhegehaltssatzes nunmehr ein solcher von 65,99 vom Hundert eingesetzt wurde; es wurde also das erdiente Ruhegehalt um 9,33 vom Hundert erhöht, so dass es (auch nach Abzug des Versorgungsabschlages) letztlich nicht mehr zu einer Unterschreitung der amtsunabhängigen Mindestversorgung kam, diese also nicht zugrunde gelegt wurde und sich eine monatliche Erhöhung von (nur) 42,71 Euro ergab.
Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin (zunächst) vor, mit dem angefochtenen Bescheid würden an Pflichtbeitragszeiten vom 21.06.1968 bis zum 03.03.1980 lediglich 100 Kalendermonate zuzüglich 12 Kalendermonate Kindererziehungszeiten anerkannt. Ihr Versicherungsverlauf umfasse demgegenüber jedoch Pflichtbeitragszeiten bis einschließlich November 1983 in Höhe von 99 Monaten für die Zeit, in welcher sie sich im Angestelltenverhältnis befunden habe, und in Höhe von 94 Monaten für das danach bestehende Arbeitsverhältnis in der Rentenversicherung der Arbeiter. Aus welchem Grund letztlich nur 112 Kalendermonate anrechenbar sein sollten, könne sie nicht nachvollziehen. Insbesondere ergebe sich dies auch aus dem angefochtenen Bescheid im Detail nicht....