Heizkostenverteilung bei großen Rohrwärmeverlusten
Hintergrund: Wärmeverbrauch wird nur teilweise erfasst
In einer Wohnungseigentumsanlage mit 154 Wohnungen gilt für die Heizkosten laut Teilungserklärung und konkretisiert durch Beschluss ein Verteilungsmaßstab von 30 Prozent Grundkosten und 70 Prozent Verbrauchskosten. Die Heizkörper sind mit elektronischen Heizkostenverteilern ausgestattet. Die im Keller der Häuser verlaufenden Leitungen sind freiliegend und überwiegend gedämmt. Die Verteilleitungen innerhalb der Wohnungen liegen unter Putz. Sie sind schlecht oder gar nicht gedämmt. Aufgrund dieser baulichen Gegebenheiten werden nur etwa 20 Prozent der Verbrauchswärmeanteile von den Heizkostenverteilern erfasst.
In einer Eigentümerversammlung genehmigten die Wohnungseigentümer mit Mehrheitsbeschluss die Hausgeldabrechnungen für das Jahr 2014. In diesen sind die Heizkosten zu 30 Prozent nach Grundkosten und zu 70 Prozent nach Verbrauch verteilt.
Die Eigentümerin von 20 Dachgeschosswohnungen hat den Genehmigungsbeschluss angefochten. Sie meint, die Verteilung der Heizkosten entspreche wegen der geringen Erfassungsrate nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es habe ein Korrekturverfahren zur Anwendung kommen müssen.
Entscheidung: Vereinbarter Verteilungsmaßstab ist anzuwenden
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Die klagende Eigentümerin kann keine vom geltenden Verteilungsmaßstab abweichende Verteilung der Heizkosten in der Jahresabrechnung verlangen.
Der geltende Verteilungsmaßstab 30/70 bewegt sich innerhalb des von § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizKV vorgegebenen Rahmens. Auf dieser Grundlage sind deshalb die Heizkosten in den Jahresabrechnungen umzulegen. Eine Änderung des von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählten, der Heizkostenverordnung entsprechenden Kostenverteilungsschlüssels kann nicht inzident mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgen.
Anders wäre es nur, wenn die Heizkostenverordnung zwingend eine von dem beschlossenen Verteilungsschlüssel abweichende Verteilung der Kosten vorschriebe. In diesem Fall gingen die Vorgaben der Verordnung vor mit der Folge, dass die Jahresabrechnung zumindest anfechtbar wäre. So liegt es hier aber nicht.
Regelung über ungedämmte freiliegende Leitungen nicht analog anwendbar
Der Wärmeverbrauch der einzelnen Wohnungen musste nicht in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizKV bestimmt werden. Die Vorschrift, nach der der erfasste Wärmeverbrauch der Nutzer in den Fällen der sogenannten Rohrwärmeabgabe nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, wenn die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, ist weder direkt noch analog anwendbar, wenn die überwiegend ungedämmten Leitungen wie hier nicht freiliegen, sondern unter Putz verlaufen.
Geringe Erfassungsrate ist nicht mit Geräteausfall gleichzusetzen
Die Kosten mussten auch nicht in Anwendung von § 9a Abs. 1 und 2 HeizKV verteilt werden. Die Vorschrift ordnet an, wie die Heiz- und Warmwasserkosten zu verteilen sind, wenn der Verbrauch für einen Abrechnungszeitraum durch einen Geräteausfall oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. Für diese Fälle ist eine Kostenverteilung anhand des Verbrauchs vergleichbarer Zeiträume, vergleichbarer anderer Räume oder anderer Maßstäbe vorgesehen.
Eine geringe Erfassungsrate des Wärmeverbrauchs ist kein Geräteausfall im Sinne dieser Vorschrift. Die elektronischen Heizkostenverteiler funktionieren gemäß ihrer Bestimmung. Sie erfassen zwar nur einen geringen oder gar keinen Verbrauch, weil die Nutzer der unteren Wohnungen die Ventile ihrer Heizkörper nicht oder nur wenig öffnen müssen, sondern die Wohnungen durch Rohrwärmeabgabe bereits ausreichend erwärmt sind. Das beruht aber nicht auf einem technischen Defekt der Erfassungsgeräte, sondern auf dem strukturellen Problem der fehlenden Isolierung der unter Putz liegenden Rohrleitungen.
Die geringe Erfassungsrate der abgegebenen Wärme ist auch kein anderer zwingender Grund für eine abweichende Verteilung.
Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels kann bestehen
Ein Wohnungseigentümer, der durch den Kostenverteilungsschlüssel aufgrund der nicht erfassten Rohrwärme benachteiligt wird, ist aber nicht schutzlos gestellt. Er kann die anderen Wohnungseigentümer mit der Verteilung der Heizkosten befassen und einen Beschluss über einen anderen Verteilungsmaßstab, der der HeizKV entspricht, herbeiführen. Wenn das Festhalten an der bisherigen Regelung unbillig ist, kann er darauf auch einen Anspruch haben.
In Betracht kommt etwa die Anwendung eines Umlagemaßstabs von 50 Prozent Verbrauchskosten zu 50 Prozent Grundkosten. Der Wohnungseigentümer kann gegebenenfalls auch das Ergreifen technischer Maßnahmen verlangen, wie das Absenken der Vorlauftemperatur oder die Anbringung von für die Erfassung der Rohrwärme geeigneteren Messgeräten wie Verdunstungsgeräten.
(BGH, Urteil v. 15.11.2019, V ZR 9/19)
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