Totalumbau ist keine Modernisierung
Hintergrund: Vermieter will Reihenhaus grundlegend umbauen
Die Vermieterin eines Reihenhauses in Berlin verlangt von den Mietern die Duldung von Baumaßnahmen.
Das Mietverhältnis besteht seit 1986. Vermieter war ursprünglich das Land Berlin. Die aktuelle Vermieterin ist eine Entwicklungsgesellschaft, die das Anwesen sowie 13 weitere Häuser in der Siedlung vor fünf Jahren erworben hat. Die monatliche Kaltmiete beträgt 460 Euro.
Die Vermieterin hatte angekündigt, umfangreiche bauliche Maßnahmen durchführen zu wollen. Diese umfassen im Wesentlichen die Anbringung einer Wärmedämmung an der Fassade, am Dach und an der Bodenplatte, den Austausch der Fenster und Türen, den Einbau leistungsfähiger Elektrostränge im Bereich des Schornsteins, die Verlegung von Leitungen unter Putz, die Veränderung des Zuschnitts der Wohnräume und des Bades, die Entfernung der vorhandenen Heizung und den Einbau einer neuen Gasetagenheizung, den Ausbau der vorhandenen Sanitärobjekte im Bad und den Einbau einer neuen Badewanne und einer neuen Dusche, eine neue Verfliesung des Bodens und die Herstellung von Anschlüssen für eine Spülmaschine beziehungsweise eine Waschmaschine, die Errichtung eines Wintergartens mit Durchbruch zur neu entstehenden Wohnküche, die Entfernung der Drempelwände, den Ausbau des Spitzbodens über dem Obergeschoss, die Herstellung einer Terrasse, die Herausnahme des Bodens im Hauswirtschaftsraum, die Tieferlegung des Bodenniveaus, die Einbringung einer neuen Treppe sowie Instandsetzungsmaßnahmen an den Fenstern, der Klingel- und Schließanlage, den Innentüren, an den Kaltwasserleitungen, der Treppe zum Obergeschoss und an dem Abwasseranschluss. Die Kaltmiete soll sich infolge der Maßnahmen auf 2.150 Euro monatlich erhöhen.
Die Mieter weigern sich, die beabsichtigten Maßnahmen zu dulden.
Entscheidung: Mieter muss Komplettumbau nicht dulden
Die Mieter müssen die Bauarbeiten weder als Erhaltungs- noch als Instandsetzungsmaßnahmen dulden.
Soweit die beabsichtigten Arbeiten auch Erhaltungsmaßnahmen umfassen, die an sich nach § 555a BGB zu dulden wären, ist nicht erkennbar, dass die Vermieterin deren Duldung losgelöst von ihrem Gesamtkonzept verlangt.
Bei den übrigen geplanten Maßnahmen handelt es sich nicht um Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b BGB, die nach § 555d BGB von den Mietern zu dulden wären. Eine Modernisierungsmaßnahme zeichnet sich dadurch aus, dass sie einerseits über die bloße Erhaltung des bisherigen Zustands hinausgeht, andererseits aber die Mietsache nicht so verändert, dass etwas Neues entsteht.
Die in der Modernisierungsankündigung beschriebenen Maßnahmen sind so weitreichend, dass sie den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würden. Sie beschränken sich nicht darauf, den vorhandenen Bestand zu verbessern, sondern sollen unter anderem dazu führen, dass das Reihenhaus unter Veränderung seines Grundrisses weitere Räume und einen anderen Zuschnitt der Wohnräume und des Bads erhält. Solch weitreichende Maßnahmen sind nach der Verkehrsanschauung keine bloße Verbesserung der Mietsache im Sinne einer nachhaltigen Erhöhung des Wohnwerts der Mietsache oder einer dauerhaften Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse.
In Ausnahmefällen kann eine Duldungspflicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bestehen. Hierfür bestehen im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte.
(BGH, Beschluss v. 21.11.2017, VIII ZR 28/17)
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