Umlage "sämtlicher Betriebskosten" in der Gewerbemiete
Hintergrund: Umlage der Grundsteuer als Betriebskosten streitig
Der Vermieter eines Supermarkts verlangt von der Mieterin die Nachzahlung von Betriebskosten.
Der Mietvertrag sieht zu den Betriebskosten vor:
"Sämtliche Betriebskosten werden von dem Mieter getragen. Hierunter fallen insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten. (…)"
Diese Klausel hatten die Vertragsparteien individualvertraglich vereinbart.
In den Betriebskostenabrechnungen für 2012 und 2013 legte der Vermieter jeweils 5.100 Euro Grundsteuer auf die Mieterin um. Die Mieterin meint, die Umlage der Grundsteuer sei nicht wirksam vereinbart. Das OLG folgte dem und meinte, die Klausel sei nicht hinreichend bestimmt.
Entscheidung: "Betriebskosten" ist hinreichend bestimmt
Der BGH hebt das Urteil des OLG auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Die Umlage der Grundsteuer kann hier wirksam vereinbart sein.
Der in der Klausel verwendete Begriff "Betriebskosten" ist hinreichend bestimmt. Dieser Begriff ist seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsverordnung und später durch Gesetz definiert.
Bereits in der 1957 in Kraft getretenen Zweiten Berechnungsverordnung findet sich die Definition, dass es sich dabei um die Kosten handelt, die "dem Eigentümer durch das Eigentum oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen". Seit 2007 ist dieselbe Definition in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB enthalten, unter Verweis auf die Aufstellung in § 2 der Betriebskostenverordnung (BetrKV), die den bis Ende 2003 geltenden Betriebskostenkatalog in der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung abgelöst hat. Von Anfang an waren in der Aufzählung die laufenden öffentlichen Lasten und namentlich die Grundsteuer als Betriebskostenart aufgeführt.
Für die Wohnraummiete hat der BGH bereits entschieden, dass der in einem Mietvertrag verwendete Begriff der "Betriebskosten" ohne Weiteres die in der Betriebskostenverordnung genannten Betriebskostenarten umfasst.
Gesetzliche Definition der Betriebskosten gilt auch bei Gewerbemiete
Das gilt auch für Gewerberaummietverhältnisse, obwohl § 556 BGB auf diese nicht anwendbar ist. Die gesetzliche Definition kann dafür herangezogen werden, wie der in einem gewerblichen Mietvertrag verwendete Begriff "Betriebskosten" zu verstehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass in der Gewerberaummiete auch Kostenpositionen auf den Mieter umgelegt werden können, die im Katalog des § 2 BetrKV nicht aufgeführt sind. Über die Umlage weiterer Kosten müssen sich die Vertragsparteien nämlich jeweils konkret einigen.
Eine Vereinbarung in einem Gewerberaummietvertrag, nach der der Mieter sämtliche Betriebskosten trägt, ist somit auch dann hinreichend bestimmt, wenn eine Bezugnahme auf die gesetzlichen Normen fehlt. Im Mietvertrag müssen auch nicht die einzelnen Kostenpositionen aufgezählt sein.
Beispielhafte Nennung einzelner Kostenarten schadet nicht
Eine Einschränkung ergibt sich hier auch nicht daraus, dass einige Kostenarten aus dem Betriebskostenkatalog im Mietvertrag ausdrücklich genannt sind. Durch die Einleitung mit "insbesondere" ist klar, dass nicht nur diese Kosten umgelegt werden sollen, sondern es sich lediglich um eine beispielhafte Aufzählung handelt.
Vorstellungen der Vertragsparteien müssen noch geklärt werden
Das OLG muss nun noch aufklären, ob die Vertragsparteien eventuell ein übereinstimmendes anderes Verständnis des Begriffs "Betriebskosten" hatten, das eine andere Auslegung des Mietvertrages rechtfertigt. Da es sich um eine Individualvereinbarung handelt, kommt es auf den wirklichen Willen der Vertragsparteien an und nicht - wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen - auf eine objektive Auslegung.
Wenn sich ein abweichendes Verständnis des Begriffs "Betriebskosten" nicht feststellen lässt, greift die gesetzliche Definition. Dann wäre die Umlage der Grundsteuer wirksam vereinbart.
(BGH, Urteil v. 8.4.2020, XII ZR 120/18)
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