Wohnungsbesichtigung: Mehr Makler verlagern ihr Geschäft ins Netz

Die Profikundschaft setzt bei Büro- oder Wohnungsbesichtigungen schon länger auf digitale Tools wie Virtual Reality (VR) oder gar Drohnen – doch auch im privaten Bereich verlagern immer mehr Makler ihr Geschäft ins Netz. Das soll Zeit, Frust und Geld sparen.

Was bei der Vermietung und dem Verkauf von Büroimmobilien an professionelle Käufer bereits zum Standard gehört, ist bei Wohnungsbesichtigungen noch am Anfang: Digitale Tools setzen sich aber auch hier allmählich durch, wie der Trendmonitor des Immobilienverbands IVD zeigt. Immer mehr Makler verlagern ihr Kerngeschäft ins Netz.

"Profis wollen digital Schreibtische in ein Büro stellen, sie hin und her rücken, lange vor einem Besichtigungstermin", sagt IVD-Vizepräsident Dirk Wohltorf. Einblicke in den Rohbau und mittels Virtual Reality in dessen Einrichtung seien üblich, um sich in die künftige Arbeitsumgebung einzufühlen. "Im Idealfall hält sich der Aufwand so für alle in Grenzen."

Corona und geteilte Maklerprovision: Mit digitalen Tools Zeit, Frust und Geld sparen

Makler, und auch Wohnungsunternehmen, sehen dem IVD-Vize zufolge auch für die private Immobilienkundschaft Vorteile bei der Anwendung digitaler Tools: Wohnungssuchende seien oft genervt von Besichtigungsmarathons und Schlangestehen im Treppenhaus – umgekehrt haben Vermieter und Eigentümer gerade in Corona-Zeiten wenig Lust, zu viele fremde Menschen ins Haus zu lassen. "Terminschwierigkeiten und insgesamt der hohe Aufwand auf Mieter und Vermieterseite können signifikant reduziert werden", meint auch Axel Gedaschko Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW.

Eigentümern und Wohnungssuchenden könne die Digitalisierung des Vermittlungsprozesses Zeit, Frust und Geld sparen. Zum einen sollen Objekte trotz der Corona-Beschränkungen zügig an den Mann gebracht werden. Zum anderen verlangt die seit Dezember 2020 geltende geteilte Maklerprovision beim Immobilienkauf nach effizienteren Geschäftsmodellen das spielt vor allem bei Mietwohnungen eine Rolle, wo bei gleichbleibender Courtage nicht selten hunderte Bewerber durchgeschleust werden müssen.

Virtuelle Besichtigung: Von 360 Grad-Rundgängen und Roboter-Führungen

Ob 360 Grad-Rundgänge, Besichtigungsroboter, Drohnen oder 3D-Brillen  digitale Tools können Interessenten helfen, frühzeitig zu erkennen, ob eine Immobilie überhaupt in die engere Wahl kommt: Die Räume lassen sich während einer virtuellen Begehung auch grob einrichten. Passt zum Beispiel das Klavier nicht rein, ist es überflüssig, die Wohnung später real zu besichtigen. Das spart Zeit und Arbeit für Vermieter, Verkäufer und Makler. "Digitalisierung wird zum Markenzeichen für die Professionalität eines Maklers werden", sind der Makler Roland Kampmeyer und der IVD überzeugt.

Kampmeyer setzt seit Jahren digitale Tools ein und stellt fest: "Die Akzeptanz hat sich deutlich verbessert, weil mit Corona der praktische Nutzen stärker in den Vordergrund gerückt ist." So fallen etwa Kontaktbeschränkungen weniger ins Gewicht. Kampmeyer schickt Kaufinteressenten auf virtuelle Rundtouren, die via Chatfunktion vom Makler begleitet werden, zum Teil führt auch ein Roboter durch die Wohnung. Die Beratungs- und Vertragsgespräche finden dann im Videocall statt, die Termine sind online buchbar.

Welches Online-Tool zum Einsatz kommt, hängt auch vom Objekt ab. Drohnen können sehr präzise Aufnahmen von der Umgebung eines Hauses zeigen, sind aber teuer und kommen deshalb eher "für die Villa in bester Lage infrage", meint Kampmeyer. Interessenten einer Mietwohnung erwarteten eher ein gescanntes Exposé oder einen Link zur Onlinebesichtigung.

Wohnungsbesichtigung light: Wenn es dann doch mal analog sein muss

Der Deutsche Mieterbund (DMB) hält wenig von virtuellen Besichtigungen. "Der Mieter sieht nur das, was ihm ausschnittsweise gezeigt wird", erklärt Sprecherin Jutta Hartmann. Sie rät zur realen Begehung. Könnten Mieter dennoch ausschließlich online besichtigen, stehe ihnen nach Abschluss des Mietvertrags eventuell ein Widerrufsrecht zu, falls die Wohnung nicht halte, was sich der Mieter nach der virtuellen Besichtigung vorstellen durfte.

Kommt es zur analogen Besichtigung, geht auch das ohne zu viel menschlichen Kontakt: Makler schicken ihren Interessenten zum Beispiel einen Code aufs Mobiltelefon, mit dem diese dann einen in der Nähe der Wohnung deponierten Schlüssel abholen oder das elektronische Türschloss öffnen können. In einem definierten Zeitfenster sehen sie dann die Immobilie alleine an. Auch solche Lösungen könnten die Kosten des Vermittlungsprozesses senken.

Für private Eigentümer haben sich Makler zudem ein günstigeres Verkaufsverfahren einfallen lassen: Die Immobilie wird auf einer Plattform angeboten und Interessenten können online in einem geschlossenen oder offenen Verfahren Angebote abgeben, die der Makler auf Wunsch des Kunden prüft. Bezahlt wird nach Dienstleistung. Bis sich solche Angebote in der Breite durchsetzen, wird es aber vermutlich noch eine Weile dauern. Experten rechnen mit fünf Jahren.


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Schlagworte zum Thema:  Makler, Digitalisierung