HR-Kompetenzen von morgen: Personalarbeit 4.0

Die Anforderungen an die Personalabteilungen sind in den vergangenen Jahren größer geworden. Fachkräftemangel, Digitalisierung, neue Formen der Arbeit bestimmen den Alltag. Brauchen die Menschen in den Personalabteilungen neue Kompetenzen, um die Herausforderungen zu bestehen? Ja, sagt Gastautor Stefan Döring.

„Das HRM arbeitet heute als vergleichsweise starrer Funktionsträger mit den Instrumenten von gestern an der Gestaltung flexibler Organisationen von morgen – diese Kombination kann nicht gut gehen.“ Das haben Hackl und Gerpott bereits 2015 mit Blick auf das Personalmanagement der Zukunft attestiert. Hat sich daran etwas geändert?

Die Anforderungen an die Personalabteilungen sind jedenfalls eher größer geworden: Fachkräftemangel, Digitalisierung, New Work, veränderte Arbeitsbedingungen in Zeiten einer Pandemie. Wie steht es morgen mit den Kompetenzen der Personaler, um diese Herausforderungen zu meistern? Was macht den „Personaler 4.0“ aus?

Servicemanagement

Vor über 25 Jahren hat Dave Ulrich die radikale Kundenorientierung im Personalmanagement gefordert. Nur wenig ist in Behörden dahingehend passiert. Zwar wurde teilweise der HR Business Partner eingeführt. Aber er macht im Grunde den gleichen Job wie der Personalsachbearbeiter von früher. Ein wirkliches Umdenken hat nicht stattgefunden. Inzwischen spricht selbst Ulrich mit Blick auf das, was die Personalabteilungen aus seiner Idee gemacht haben, davon, missverstanden worden zu sein.

Die Anforderungen an die Personalabteilungen sind größer geworden. Wie steht es mit den Kompetenzen der Personaler, um diese Herausforderungen zu meistern? Was macht den „Personaler 4.0“ aus?

Um Antworten auf den immer schnelleren Wandel der VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) zu geben, bedarf es eines neuen Selbstverständnisses in den Personalabteilungen als interner Dienstleister. Vom Steuerer und Bewahrer zum Gestalter und Serviceprovider. Nicht Partner des Business, sondern HR-Intrapreneur. Kundenmanagement, Prozesse, SLA, Marketing, Preise und Qualität sind dann Stichworte notwendiger Kompetenzen eines professionellen Personalmanagements.

Miss es oder vergiss es!

Zahlen, Daten, Fakten. Ohne wird es in Zukunft nicht mehr gehen, um Behördenleiter, Kämmerer und Führungskräfte davon zu überzeugen, neue HR-Prozesse, innovative Recruitingwege oder digitale HR-Tools einzuführen. Know-how im Controlling und der ungezwungene Umgang mit KPI werden die bislang eher ablehnende Haltung von Personalern mit diesen Themen ersetzen müssen.

Kundenmanagement, Prozesse, SLA, Marketing, Preise und Qualität sind Stichworte notwendiger Kompetenzen eines professionellen Personalmanagements.

Dies durchaus auch im eigenen Sinne. Ohne People und Predictive Analystics, also die statistische Auswertung und Vorhersage von Personal- und Unternehmensdaten, ist eine seriöse Zukunftsplanung nicht möglich. War es im Grunde nie. Für die Personalstrategie sind diese Zahlen aber notwendig. Vielleicht ist das in diesen Bereichen fehlende Know-how der Grund dafür, dass vier von fünf Organisationen gar keine HR-Strategie haben.

In diese Kategorie fallen auch Kompetenzen für die Beurteilung der Validität von Auswahlmethoden. Hier scheint die Operative der wissenschaftlichen Forschung einige Jahrzehnte hinterher zu hinken.

Ohne People und Predictive Analystics, also die statistische Auswertung und Vorhersage von Personal- und Unternehmensdaten, ist eine seriöse Zukunftsplanung nicht möglich.

Digitalisierungs-Know-how

Es muss festgestellt werden, dass viele Aufgaben des klassischen Personalsachbearbeiters schneller und effektiver von Software ausgeführt werden können. Fünf von sechs typischen Tätigkeiten in diesem Beruf könnten durch digitale Technologien automatisiert werden, wie sich hier nachprüfen lässt. Statt zu versuchen, dies aufzuhalten, müssen neue Kompetenzen in der Digitalisierung aufgebaut werden.

Wie funktioniert eine (Job)Suchmaschine? Was bedeutet OnceOnly und Cloud Computing im Bereich HR-Self-Services für die Beschäftigten oder ein Bewerbermanagementsystem? All das und mehr muss HR wissen.

Wie funktioniert eine (Job)Suchmaschine? Was bedeutet OnceOnly und Cloud Computing im Bereich HR-Self-Services für die Beschäftigten oder ein Bewerbermanagementsystem? Wie lässt sich Künstliche Intelligenz effektiv für die Selektion von Bewerbern nutzen? Ich gehe nicht soweit, dass Personaler morgen programmieren können sollen. Aber sie müssen die Chancen und Risiken der Digitalisierung verstehen. Digitales Know-how ist unabdingbar für ein zukunftsorientiertes Personalmanagement. Nur so kann die Personalabteilung ihre eigene Digitalisierung effektiv vorantreiben, ohne sich von externen Dienstleistern ein Bit für ein Byte vormachen zu lassen.

Veränderungsmanagement

Die Zeit von Command & Control ist definitiv vorbei. Nur die Personalabteilung wird als professioneller Partner wahrgenommen werden, die Trends erkennt und gut vorbereitet Veränderungen in den Organisationen begleitet. Denn die Digitalisierung, aber auch die aktuelle Krise, verändern Geschäftsmodelle nachhaltig. Keine Behörde oder Unternehmen wird die Uhr zurückdrehen können. Das Personalmanagement ist daher aufgerufen, heute schon den Wandel von morgen einzuleiten. Dazu gehört auch die Angst vor Veränderung oder Jobverlust zu nehmen und die Unternehmenskultur auf den radikalen Wandel einzustellen.

Nur die Personalabteilung wird als professioneller Partner wahrgenommen werden, die Trends erkennt und gut vorbereitet Veränderungen in den Organisationen begleitet.

Kulturwandel ist das Stichwort. Führungskräfte müssen überzeugt, Mitarbeiter beteiligt werden. Schulungen und vor allem transparente Kommunikation bedürfen Kompetenzen eines Veränderungsmanagers. Letztlich bedarf es der Abmilderung der Folgen des Wandels. Das betriebliche Gesundheitsmanagement mit Blick auf Haltungsschäden im Homeoffice, Digitaler Entgrenzung, Vereinsamung und Burnout wird erheblich an Bedeutung zunehmen. Auch hier müssen schnell Kompetenzen aufgebaut werden.

Marketing und Vertrieb

Wenn Personalabteilungen eines nicht können, dann ist es ihre eigene Arbeit intern zu vermarkten. Bislang bestand dazu auch kein Anlass: Das Personalmanagement pflegte sein Herrschaftswissen und zementierte damit seine Macht. Diese Macht bröckelt, wenn zu langsam reagiert oder hier genannte Kompetenzen fehlen.

Es wird Zeit, dass die Personalabteilungen des öffentlichen Dienstes neue Kompetenzen im Sinne des Personaler 4.0 aufbauen. Je schneller, desto besser.

Internes Marketing der eigenen Arbeit ist wichtig, um Verständnis zu schaffen und Betroffene zu Beteiligten zu machen. Aber auch extern sind neue Kompetenzen im Vertrieb im Zuge effektiver Personalgewinnung und Active Sourcing gefordert, um erfolgreich im Fachkräftemangel bestehen zu können.

Neugier

Der klassische, verwaltungsgeprägte Personalsachbearbeiter hat ausgedient. Rechtskenntnisse bleiben wichtig – gerade auch im Datenschutz – aber stehen längst nicht mehr im Vordergrund. Neue Kompetenzen sind gefragt: Nicht der administrative HR-Allrounder, sondern der „Personaler 4.0“ als digital-kompetenter Querdenker, radikaler Prozessoptimierer, strategischer Controller, kollaborativer Data-Analyst, innovativer Qualitäts- und agiler Projektmanager. 

Hinzu kommt die Neugier auf Digitalisierung und die Lust auf Veränderung, kombiniert mit maximaler Kundenorientierung. Es wird Zeit, dass die Personalabteilungen des öffentlichen Dienstes neue Kompetenzen im Sinne des Personaler 4.0 aufbauen. Je schneller, desto besser.