Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Werkfeuerwehrmannes. Mitbestimmung des Betriebsrats

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Beschluss vom 08.06.1993; Aktenzeichen 13 TaBV 32/93)

ArbG Hamm (Beschluss vom 17.12.1992; Aktenzeichen 4 BV 37/92)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Juni 1993 – 13 TaBV 32/93 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die tarifgerechte Eingruppierung eines Werkfeuerwehrmannes.

Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der chemischen Industrie. Weiterer Beteiligter ist der im Werk U des Arbeitgebers gebildete Betriebsrat. Die Entlohnung der dort beschäftigten Arbeitnehmer richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie in der jeweils geltenden Fassung (BETV).

Der Arbeitgeber unterhält in U eine Werkfeuerwehr. Nach der seit Anfang 1992 geltenden Organisationsstruktur steht an deren Spitze der Leiter der Werkfeuerwehr. Auf den nächsten Führungsebenen befinden sich ein Oberbrandmeister und ein Hauptbrandmeister, denen jeweils in den Schichten A, B, C und D zugeteilte Gruppen von Feuerwehrleuten unterstehen. Diese Gruppen sind gebildet aus drei hauptberuflichen Feuerwehrmännern, von denen einer als Brandmeister über den Lehrgang nach B III (Ausbildung zum Gruppenführer) verfügt. Die Ausbildung zum Brandmeister mit Lehrgang B III erfordert entsprechend den Anforderungen des öffentlichen Dienstes eine erfolgreiche Gesellenprüfung in einem für den feuerwehrtechnischen Dienst brauchbaren Handwerk, einen einjährigen Vorbereitungsdienst als Feuerwehrmannanwärter, den Nachweis der Eignung zum Gruppenführer in einer mindestens dreijährigen Dienstzeit sowie den zwei Monate dauernden Ausbildungslehrgang B III.

Als Feuerwehrmann beschäftigt ist u. a. der Arbeitnehmer K. Nachdem er an einem Lehrgang B III teilgenommen hatte, wurden ihm ab 1. Februar 1992 neben den allgemeinen Aufgaben eines Feuerwehrmannes (Positionsbeschreibung Feuerwehrmann E 7) folgende zusätzliche Aufgaben übertragen:

  • Tägliche Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Werkfeuerwehr bezüglich Mannschaft und Gerät
  • Einsatzleitung der Werkfeuerwehr im Alarmfall, bei Übungen und beim Training; im Einsatzfall obliegt ihm die Verantwortung, bis ein höherer Feuerwehrführer eingetroffen ist.

Die bisher ausgeübten Feuerwehrtätigkeiten nehmen weiterhin etwa 95 % der regelmäßigen Arbeitszeit in Anspruch. Im Falle der Brandbekämpfung ist im Rahmen eines Ersteinsatzes jeder ausgebildete Feuerwehrmann gehalten, die entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Wenn beispielsweise der Arbeitnehmer K als Feuerwehrmann mit B III-Ausbildung nicht zur Verfügung steht, muß ein anderer Feuerwehrmann den Einsatz bis zum Eintreffen des Vorgesetzten leiten.

Für die Wahrnehmung der zusätzlichen Aufgaben erhält K eine monatliche Zulage von 250,– DM. K war schon zuvor eingruppiert in Entgeltgruppe E 7 BETV. Nach Übertragung der zusätzlichen Aufgaben wurde die Frage einer Neueingruppierung zwischen den Beteiligten streitig. Mit Schreiben vom 1. September 1992 hat der Arbeitgeber entsprechend einem in einem Vorverfahren abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich beim Betriebsrat die Zustimmung zur unveränderten Eingruppierung des Arbeitnehmers K in die Entgeltgruppe E 7 beantragt. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung u.a. mit der Begründung verweigert, richtig sei K in die Entgeltgruppe E 10, mindestens jedoch in die Gruppe E 9 eingruppiert.

Der Bundesentgelttarifvertrag enthält zur Eingruppierung der Arbeitnehmer – soweit hier von Interesse – folgende Bestimmungen:

§ 3

Allgemeine Entgeltbestimmungen

1. …

2. Die Arbeitnehmer werden entsprechend der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Entgeltgruppen eingruppiert. Für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgebend. Die Eingruppierung richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Oberbegriffe; hierzu sind als Erläuterung die bei den Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele heranzuziehen. Passen die Oberbegriffe nicht auf eine ausgeübte Tätigkeit, so ist ein Arbeitnehmer in diejenige Entgeltgruppe einzugruppieren, die seiner Tätigkeit am nächsten kommt.

3. …

4. Übt ein Arbeitnehmer innerhalb seines Arbeitsbereiches ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten aus, auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, so ist er in die Entgeltgruppe einzugruppieren, deren Anforderungen den Charakter seines Arbeitsbereiches im wesentlichen bestimmen. Für solche Tätigkeiten, die bezüglich ihrer Anforderungen zu höheren Entgeltgruppen gehören und durch die Eingruppierung gemäß Satz 1 noch nicht abgegolten werden konnten, ist eine angemessene Vergütung als Ausgleich zu gewähren.

§ 7 BETV enthält den Entgeltgruppenkatalog. Dort heißt es, soweit hier von Bedeutung:

„E 6

Arbeitnehmer, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene mindestens dreijährige Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf erworben worden sind. Das Merkmal der abgeschlossenen Berufsausbildung wird erfüllt durch den erfolgreichen Abschluß z.B. einer Handwerkerausbildung sowie einer Ausbildung zum Kaufmann, Chemikanten, Pharmakanten oder Technischen Zeichner.

Arbeitnehmer ohne eine derartige planmäßige Ausbildung, die aufgrund mehrjähriger Berufspraxis gleichwertige Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben und entsprechende Tätigkeiten ausüben.

E 7

Arbeitnehmer, die Tätigkeiten verrichten, die über die Anforderungsmerkmale der Gruppe E 6 hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen und in der Regel nach allgemeinen Anweisungen ausgeführt werden.

Arbeitnehmer, die Tätigkeiten verrichten, die über die Anforderungsmerkmale der Gruppe E 6 hinausgehen und für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf erworben worden sind und einen größeren Abstraktionsgrad der Lerninhalte aufweisen. Diese Merkmale werden erfüllt durch den erfolgreichen Abschluß einer Ausbildung zum Chemielaboranten, einem vergleichbaren Laboranten, zum Datenverarbeitungskaufmann oder zum Meß- und Regelmechaniker.

E 8

Arbeitnehmer, die regelmäßig schwierige Spezialtätigkeiten verrichten, die über die Anforderungsmerkmale der Gruppe E 7 hinaus qualifizierte, durch eine zusätzliche planmäßige betriebliche Spezialausbildung erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern und selbständig ausgeübt werden.

Arbeitnehmer mit kaufmännischen oder technischen Tätigkeiten, die über die Anforderungsmerkmale der Gruppe E 7 hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen und nur allgemeiner Aufsicht bedürfen.”

Der letzte Absatz des § 7 BETV lautet:

„Die bei den einzelnen Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele sind nicht erschöpfend. Arbeitnehmer, die Tätigkeiten beispielsweise im Außendienst, in der hauptberuflichen Betriebs- bzw. Werkfeuerwehr, im Werkschutz und im hauptberuflichen Sicherheitswesen ausüben, sind nach der Art ihrer Tätigkeit in die Entgeltgruppen einzugruppieren. Dabei sind die Oberbegriffe der Entgeltgruppen mit ihren Anforderungsmerkmalen maßgebend und die Richtbeispiele vergleichend heranzuziehen.”

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Zustimmung des Betriebsrats gelte als erteilt, weil die Verweigerung nur pauschal auf eine angebliche Nichtberücksichtigung öffentlichrechtlicher Vorschriften und auf irgendwie geartete gesetzliche Bestimmungen hinweise, ohne daß ersichtlich sei, weshalb gegen diese Bestimmungen verstoßen worden sei. Auch fehle eine nachvollziehbare Begründung für die Eingruppierungsvorstellungen des Betriebsrats in die Entgeltgruppe E 10, mindestens aber in die Entgeltgruppe E 9. Die dem Arbeitnehmer K zusätzlich übertragenen Tätigkeiten rechtfertigten keine höhere Eingruppierung. Die Zustimmung des Betriebsrats sei daher jedenfalls gerichtlich zu ersetzen. Aus § 7 BETV ergebe sich, daß auch im Bereich der Werkfeuerwehr allein auf die ausgeübte Tätigkeit abzustellen sei. Bestimmend für den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers K seien aber nicht die zusätzlich übertragenen Aufgaben, sondern nach wie vor die schon bisher ausgeübten Tätigkeiten. Diese würden nach allgemeinen Anweisungen durchgeführt und erfüllten daher nur die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe E 7. Der B III-Lehrgang vermittele zwar die Befähigung zum Gruppenführer. Diese Befähigung werde aber nur ganz vereinzelt abgerufen und gebe der Tätigkeit daher nicht das Gepräge. Es sei eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, ob er einem Arbeitnehmer eine ständige Gruppenführertätigkeit zuweise, oder ob er – wie hier praktiziert – dem Mitarbeiter lediglich bestimmte Tätigkeiten übertrüge, die über die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale eines Feuerwehrmannes im Einzelfall hinausgingen.

Der Arbeitgeber hat beantragt

festzustellen, daß die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Feuerwehrmannes Klaus K in die Entgeltgruppe E 7 nach dem Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie vom 18. Juli 1987 als erteilt gilt,

hilfsweise,

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Mitarbeiters Klaus K in die Entgeltgruppe E 7 nach dem Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie vom 18. Juli 1987 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, K sei eigentlich in die Entgeltgruppe E 10, mindestens jedoch in die Entgeltgruppe E 9 eingruppiert. Dies ergebe sich aus der erforderlichen umfangreichen Ausbildung eines Feuerwehrmannes mit Qualifikation zum Gruppenführer. Jedenfalls hebe sich der Arbeitnehmer K von den übrigen in die Entgeltgruppe E 7 eingruppierten Feuerwehrmännern durch die Einsatzleitung im Alarmfalle ab. Die entsprechenden Fähigkeiten müßten ständig abrufbereit sein. Im Ernstfalle entschieden die B III-Brandmeister, wer zum Einsatz herangezogen werde. Das tarifliche Merkmal „im wesentlichen bestimmend für den Charakter des Arbeitsbereichs” könne bei dieser Art der Tätigkeit nicht zeitlich gesehen werden. Gerade die auf relativ geringe Zeitanteile bezogenen Einsätze und die dabei benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten seien es, die der Tätigkeit das Gepräge gäben.

Das Arbeitsgericht hat beide Anträge des Arbeitgebers zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers hinsichtlich des Hauptantrages zurückgewiesen, ihr hinsichtlich des Hilfsantrages jedoch stattgegeben und die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Arbeitnehmers K in die Entgeltgruppe E 7 ersetzt. Mit der uneingeschränkt zugelassenen, aber nur vom Betriebsrat eingelegten Rechtsbeschwerde begehrt dieser die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Zustimmung des Betriebsrats zu Recht ersetzt. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers K in die Entgeltgruppe E 7 BETV ist zutreffend. K erfüllt auch nach der Übertragung zusätzlicher Aufgaben nicht die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Entgeltgruppe.

I. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß K vor seiner Teilnahme am Lehrgang B III und der Übertragung zusätzlicher Aufgaben richtig in Entgeltgruppe E 7 eingruppiert war. Dem ist zuzustimmen. Die Tätigkeiten K als Feuerwehrmann gemäß der Positionsbeschreibung vom 29. April 1991 erfüllten die Eingruppierungsmerkmale dieser Entgeltgruppe. Hierüber besteht, wie das Landesarbeitsgericht feststellt, zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Das Landesarbeitsgericht hat diese Tätigkeiten nicht im einzelnen bewertet. Es hat nur auf die Positionsbeschreibung verwiesen, aus der sich deutlich ergebe, daß sie nicht über die Anforderungsmerkmale der Entgeltgruppe E 7 hinausgingen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Da die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe E 7 auf denen der Entgeltgruppe E 6 aufbauen, ist zwar grundsätzlich zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsentgeltgruppe und erst danach das Vorliegen der qualifizierten Anforderungsmerkmale der jeweils nächsthöheren Entgeltgruppe zu prüfen (vgl. BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 4 AZR 203/82 – AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.; Urteil vom 4. August 1993 – 4 AZR 515/92 – AP Nr. 1 zu § 1 BAT, zu II 2 b der Gründe). Hierbei ist jedoch eine pauschale Überprüfung ausreichend, wenn – wie vorliegend – der maßgebende Sachverhalt zwischen den Beteiligten unstreitig ist und beide übereinstimmend die Anforderungsmerkmale der entsprechenden Entgeltgruppe als erfüllt ansehen (vgl. BAG Urteil vom 6. Juni 1984, aaO; Urteil vom 4. August 1993, aaO).

Die pauschale Prüfung ergibt, daß es sich bei den in der Positionsbeschreibung genannten Tätigkeiten des Arbeitnehmers K um solche handelt, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene mindestens dreijährige Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf oder durch eine entsprechende mehrjährige Berufspraxis erworben worden sind und darüber hinaus erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen. Das Vorliegen der geforderten tatsächlichen Eingruppierungsvoraussetzungen ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Im übrigen zeigt die nach der Positionsbeschreibung vom 29. April 1991 erforderliche Durchführung aller Aufgaben auf der Basis der Feuerwehrdienstvorschriften, daß zu den Kenntnissen einer abgeschlossenen Berufsausbildung erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten hinzutreten müssen, da es keinen anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der Verordnung über die Berufsausbildung als Feuerwehrmann gibt. Die Erläuterungen zu den einzelnen Aufgaben des Arbeitnehmers K in der Positionsbeschreibung vom 29. April 1991 machen schließlich deutlich, daß diese Tätigkeiten von dem Arbeitnehmer in der Regel nach allgemeinen Anweisungen im Sinne der Entgeltgruppe E 7 ausgeführt werden.

II. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Recht angenommen, daß die K nach seiner Teilnahme am Lehrgang B III übertragenen zusätzlichen Aufgaben eine höhere Eingruppierung nicht rechtfertigen. Seine Ausführungen sind rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

1. Hinsichtlich der dem Arbeitnehmer K zusätzlich übertragenen Tätigkeit der „täglichen Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Werkfeuerwehr bezüglich Mannschaft und Gerät” hat das Landesarbeitsgericht zutreffend verneint, daß über die Entgeltgruppe E 7 hinausgehende Qualifikationsmerkmale vorliegen.

Bei den danach zu prüfenden Tätigkeitsmerkmalen „schwierige Spezialtätigkeit”, „selbständige Ausübung” sowie „qualifizierte Kenntnisse und Fertigkeiten” handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. etwa BAG Urteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 600/87 – AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken; BAG Urteil vom 14. August 1985 – 4 AZR 322/84 – AP Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch das Tatsachengericht unterliegt der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin, ob das Tatsachengericht vom jeweils zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob alle entscheidungserheblichen Tatsachen Berücksichtigung gefunden haben.

Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei der „täglichen Überprüfung” handele es sich um eine aufgrund vorgegebener Anweisungen ausgeübte und daher nicht im tariflichen Sinne selbständige Tätigkeit, hält dieser eingeschränkten Überprüfung stand. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers dann als selbständig im Sinne eines eigenständigen Tätigkeitsmerkmals anzusehen, wenn sie – bezogen auf die konkrete Aufgabenstellung – eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung der geschuldeten Leistung einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs erfordert, die freilich fachliche Anleitung und Überwachung durch Vorgesetzte nicht gänzlich ausschließt (vgl. BAGE 30, 229, 238 = AP Nr. 6 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 24. April 1985 – 4 AZR 448/83 – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; BAG Urteil vom 2. März 1988 – 4 AZR 600/87 – AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken).

Von diesem Rechtsbegriff ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat die Selbständigkeit verneint, weil K sich jeweils beim Werkschutz erkundige, welche Feuerwehrmänner anwesend seien und anhand einer Liste feststelle, welchen Ausbildungsstand die anwesenden Feuerwehrmänner hätten. Die Einsatzbereitschaft des Gerätes stelle der Arbeitnehmer K durch Befragen des mit dem jeweiligen Gerät befaßten Mitarbeiters fest. Eine nicht gegebene Einsatzbereitschaft habe er einem Vorgesetzten zu melden. Ersichtlich handele K dabei nach allgemeinen Anweisungen.

Diese tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind von der Rechtsbeschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden. Der Senat ist nach § 561 ZPO hieran gebunden. Gerade der Umstand einer Meldepflicht bei festgestellter Nichteinsatzbereitschaft von Mitarbeitern oder jeweiligem Gerät zeigt, daß K bei der täglichen Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Werkfeuerwehr, insbesondere bei der Frage, wie auf festgestellte Mängel zu reagieren ist, keine eigenständige Entscheidungsbefugnis hat. Die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts läßt keinen Verstoß gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze erkennen. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das Landesarbeitsgericht entscheidungserhebliche Tatumstände nicht berücksichtigt hätte.

Soweit das Landesarbeitsgericht ferner aus den festgestellten allgemeinen Anweisungen durch den Arbeitgeber sowie aus der fehlenden Gestaltungsmöglichkeit des Arbeitnehmers K geschlossen hat, bei der Tätigkeit handele es sich nicht um eine schwierige Spezialtätigkeit, kann dahingestellt bleiben, ob eine Rückkoppelung von der fehlenden Selbständigkeit auf das Nichtvorhandensein einer schwierigen Spezialtätigkeit zulässig ist. Für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 ist erforderlich, daß der Arbeitnehmer regelmäßig schwierige Spezialtätigkeiten verrichtet und daß diese selbständig ausgeübt werden. Bei einer solchen Verknüpfung der Tätigkeitsmerkmale müssen diese stets kumulativ gegeben sein (vgl. BAG Urteil vom 23. Oktober 1991 – 4 AZR 108/91 – AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Wird das Vorliegen eines Tätigkeitsmerkmals – wie hier der Selbständigkeit – verneint, kommt eine Zuordnung der Tätigkeit zu der höheren Entgeltgruppe schon deshalb nicht in Betracht.

2. Soweit das Landesarbeitsgericht es hinsichtlich der anderen Zusatzaufgaben offengelassen hat, ob diese den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Entgeltgruppe entsprechen, ist auch das nicht zu beanstanden. Gemäß § 3 Ziff. 4 Satz 1 BETV ist ein Arbeitnehmer, der innerhalb seines Arbeitsbereichs ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten ausübt, auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Anforderungen den Charakter seines Arbeitsbereichs im wesentlichen bestimmen. Auch wenn man unterstellt, daß die weiteren Zusatzaufgaben mindestens nach Entgeltgruppe E 8 einzugruppieren seien, sind diese nicht für die Tätigkeit des Arbeitnehmers K bestimmend, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat.

Der Charakter eines Arbeitsbereichs wird jedenfalls dann durch die Anforderungen einer Tätigkeit wesentlich bestimmt, wenn diese zeitlich deutlich überwiegt (vgl. zur entsprechenden Auslegung der einer gesamten Tätigkeit das „Gepräge gebenden Tätigkeit” etwa BAG Urteil vom 27. Januar 1982 – 4 AZR 435/79 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Banken, m. Anm. v. Pleyer; BAGE 45, 233 = AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Urteil vom 18. September 1986 – 6 AZR 446/83 – AP Nr. 9 zu § 15 BAT). Von dieser Definition ist letztlich auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen, wenn es maßgeblich darauf abgestellt hat, daß die nach Auffassung des Betriebsrats höherwertigen Aufgaben „zeitlich nur wenige Prozentpunkte” der Gesamttätigkeit ausmachen, daß sie „nur selten auftreten” und zeitlich „sehr begrenzt zu verrichten sind”.

Für die Eingruppierung einer Feuerwehrtätigkeit gilt nichts grundsätzlich anderes. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, maßgeblich sei allein die Tätigkeit und nicht eine Ausbildung oder die berufliche Bezeichnung (§ 3 Ziff. 2 BETV). Das zeitliche Hauptgewicht der Tätigkeit des Arbeitnehmers K liegt nach den tatsächlichen Feststellungen aber ganz überwiegend – zu ca. 95 % – auf Tätigkeiten eines „normalen” Werkfeuerwehrmannes, über deren Bewertung nach Entgeltgruppe E 7 zwischen den Beteiligten kein Streit besteht. Es ist auch nicht festgestellt, daß K etwa während des normalen Dienstes gegenüber den beiden anderen Mitgliedern der Gruppe eine herausgehobene Position mit Anweisungsbefugnis wahrnimmt.

Selbst wenn man für die Bestimmung der wesentlichen Tätigkeit eines Feuerwehrmannes den Einsatz im Ernstfall stärker gewichtete als seinem zeitlichen Anteil im Verhältnis zur einsatzfreien Zeit entspräche, ist für den vorliegenden Fall doch zu berücksichtigen, daß nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein solcher Einsatz nur ganz selten vorkommt. Dies wird belegt durch die vom Arbeitgeber vorgelegten Jahresberichte. Das Landesarbeitsgericht weist weiter zu Recht darauf hin, daß die verantwortliche selbständige Tätigkeit als Gruppenführer im Einsatz jeweils nur kurze Zeit ausgeführt wird, nämlich bis zum Eintreffen eines höheren Feuerwehrführers. Wenn man also nur auf solche Einsätze abstellen wollte, bliebe festzustellen, daß nicht die herausgehobene Tätigkeit der vorläufigen Einsatzleitung, sondern die nach Übernahme der Einsatzleitung durch einen höheren Feuerwehrführer verbleibende Tätigkeit eines „normalen” Feuerwehrmannes zeitlich überwiegt.

Schließlich erschöpft sich die Tätigkeit des Werkfeuerwehrmannes K auch nicht in der aktiven Brandbekämpfung, sondern ist stark durch Anforderungen des präventiven Brandschutzes geprägt. Dies macht die Positionsbeschreibung des Arbeitgebers vom 27. Januar 1992 deutlich. Ein großer Anteil der dem Arbeitnehmer danach übertragenen Aufgaben ist vorbeugender Art. Das gilt etwa für die routinemäßige Durchführung von brandschutztechnischen Überprüfungen und Tests und der dazugehörigen Nachweisführung, die Kontrolle von gebrauchten und ggf. die Instandsetzung von beschädigten Brandschutzeinrichtungen und feuerwehrtechnischen Geräten, die Schadstoffmessung in der Luft mit feuerwehrspezifischen Meßgeräten, das Führen, Warten und Pflegen der Feuerwehrfahrzeuge, die Durchführung kleinerer Reparaturen auf Anweisung sowie die Übernahme von Werkschutzaufgaben.

Wenn das Landesarbeitsgericht bei dieser Sachlage angesichts des zeitlich ganz untergeordneten Anfalls eventuell höherwertiger Tätigkeiten – nämlich der vorübergehenden Einsatzleitung im Alarmfall und der Durchführung von Alarmübungen – angenommen hat, diese bestimmten nicht den Charakter des Arbeitsbereichs, prägend seien vielmehr die Tätigkeiten eines normalen Werkfeuerwehrmannes, ist dies nicht zu beanstanden. Da es sich bei dem Eingruppierungsmerkmal „Charakter des Arbeitsbereichs” um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (so für das „Gepräge” BAG Urteil vom 18. September 1986 – 6 AZR 446/83 – AP Nr. 9 zu § 15 BAT), beschränkt sich die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses auch hier darauf, ob das Landesarbeitsgericht vom richtigen Rechtsbegriff ausgegangen ist und diesen seiner Beurteilung zugrunde gelegt sowie alle Umstände berücksichtigt hat. Dies ist zu bejahen.

 

Unterschriften

Dr. Dieterich, Dr. Wißmann, Dr. Rost, Dr. Schmidt, Peter Berg

 

Fundstellen

Dokument-Index HI915973

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