BVerfG: Kommunen unzulässig belastet
Der Bund bürde den Kommunen in unzulässiger Weise personelle und finanzielle Lasten auf, ohne ihnen entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stellen, so die Richter. Damit sei das im Grundgesetz verankerte kommunale Selbstverwaltungsrecht verletzt worden. Geklagt hatten zehn kreisfreie Städte in Nordrhein-Westfalen.
Deutliche Ausweitung übertragener Aufgaben
2011 hatten Bundestag und Bundesrat beschlossen, dass Kinder aus Familien mit geringem Einkommen besser unterstützt werden sollen - etwa, wenn die Kinder auf Hartz-IV-Leistungen oder Sozialhilfe angewiesen sind. Die hierdurch entstehenden zusätzlichen Kosten hatten die Kommunen zu tragen. Dies war unzulässig, entschied das Gericht in Karlsruhe.
Das kommunale Selbstverwaltungsrecht schütze die Kommunen nicht nur vor einer (unverhältnismäßigen) Entziehung von Aufgaben, sondern auch vor einer entsprechenden Aufgabenzuweisung, so das Gericht. Die Kommunen müssten die Erledigung neu zugewiesener Aufgaben innerhalb ihrer Verwaltung organisieren und hierfür die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitstellen. Tendenziell sei die Zuweisung einer neuen Aufgabe an die Kommunen daher geeignet, die Übernahme, die Beibehaltung und den Ausbau freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben zu erschweren oder sogar zu verhindern.
Unterstützungsleistungen müssen neu organisiert werden
Daher entschied das Gericht, dass der Bund den Kommunen diese zusätzlichen Aufgaben nicht hätte zuweisen dürfen. Dennoch erklärten die Richter die Regelungen nicht für sofort nichtig. Denn ohne gesetzliche Grundlage könnten die Sozialhilfe-Träger von einem Tag auf den anderen keine Leistungen mehr gewähren. Das wollen die Richter durch eine Übergangsfrist bis Ende 2021 vermeiden. Bis dahin müssen die Unterstützungsleistungen neu geregelt werden.
Das Bundesarbeits- und -sozialministerium kündigte an, die Entscheidungsgründe sorgfältig zu prüfen.
(BVerfG, Beschluss v. 7.7.2020, 2 BvR 696/12)
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