Finanzpolitik: Rechnungshof sieht Risiken für den Bundeshaushalt

Der Staat gibt laut Bundesrechnungshof viel zu viel Geld aus und verzichtet teils aus Unfähigkeit auf Einnahmen. Der Rechnungshof fordert eine Konsolidierung des Haushalts und mehr Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik.

Der Bundesrechnungshof forderte die Regierungskoalition aus Union und SPD zu einem Kurswechsel in der Finanzpolitik auf. «Der Bundeshaushalt gerät immer stärker unter Druck», erklärte Präsident Kay Scheller in Berlin. «Eine expansive Ausgabenpolitik und ausbleibende Konsolidierung nehmen dem Haushalt die Luft zum Atmen.» Die Schwarzen Nullen, als der Verzicht auf neue Schulden, erzeugten nur noch eine «Scheinsicherheit», sagte Scheller.

Bundesleistungen für Rentenversicherung steigen stark an

Die Leistungen des Bundes an die Rentenversicherung - «mit Abstand der größte Posten» - würden in den kommenden Jahren massiv steigen und bald die 100-Milliarden-Euro-Marke durchbrechen, warnte Scheller. Dazu kämen weitere notwendige Mittel für den Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur. Daneben belasteten steigende Hilfen für Länder und Gemeinden den Bund erheblich. Auf europäischer Ebene gibt es laut Rechnungshof Risiken vor allem wegen des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union.

Der Bundeshaushalt für 2019 sieht insgesamt Ausgaben von 356,4 Milliarden Euro vor - und damit knapp 13 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr. Das hatten die abschließenden Beratungen des Haushaltsausschusses ergeben. Der Etat soll in der kommenden Woche verabschiedet werden.

Rechnungshof fordert kritische Bestandsaufnahme

Scheller erklärte bei der Vorstellung der «Bemerkungen 2018» des Rechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, zwar sei erneut eine «Schwarze Null» geplant. Dieses Ziel solle aber ohne Konsolidierungsschritte erreicht werden. Stattdessen seien zusätzliche Ausgaben und steuerliche Entlastungen vorgesehen. Eine umfassende kritische Bestandsaufnahme des Bundeshaushalts finde nicht statt. Diese wäre aber geboten. «Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie trägt dazu bei, dass die Politik auch in Zukunft auf Basis nachhaltiger Finanzen handlungsfähig bleibt», betonte Scheller.

Beispiele für Steuerausfälle

Der Bundesrechnungshof listet daneben zahlreiche Fälle auf, bei denen es durch «Vollzugsmängel», aber auch strukturelle Defizite zu erheblichen Steuerausfällen komme:

STEUER-CDs: Nach dem Ankauf von Steuer-CDs mit Informationen über Kapitalerträge von Deutschen im Ausland durch die Finanzbehörden hätten sich viele Bürger selbst angezeigt, so der Rechnungshof. Dabei hätten sie bislang verschwiegene ausländische Kapitalerträge zur Nachversteuerung offengelegt. Die Finanzämter hätten bei diesen Nachversteuerungen aber nur hinterzogene Jahressteuern verzinst, nicht aber hinterzogene Einkommensteuer-Vorauszahlungen. «Das wussten viele der Beschäftigten in den Finanzämtern nicht», so der Rechnungshof. Dem Fiskus seien deswegen seit dem Jahr 2010 Einnahmen von rund 1 Milliarde Euro entgangen.

Daneben geht es in den vom Rechnungshof aufgeführten Fällen etwa um Steuerausfälle bei Agrarsubventionen oder unnötige Lagerkosten bei der Bundeswehr.

STROMSTEUER: Durch ungerechtfertigte Befreiungen von der Stromsteuer entgingen dem Bund laut Rechnungshof Einnahmen von 185 Millionen Euro. Betreiber kleinerer Energieerzeugungsanlagen erhielten Förderungen für erneuerbare Energien und wurden zusätzlich von der Stromsteuer befreit. Die Stromsteuerbefreiung war seit dem Jahr 2009 aber nicht mehr zulässig. Das Finanzministerium habe die Doppelförderung bis 2015 nicht erkannt. Ein Betrag von 90 Millionen Euro sei noch nicht verjährt gewesen - die Beamten hätten trotzdem darauf verzichtet.

Fehlt qualifiziertes Personal?

Die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch sagte: «In vielen Verwaltungen fehlt qualifiziertes Personal, so dass die Handlungsfähigkeit des Staates stark eingeschränkt ist.» Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke kritisierte: «Allen Beteuerungen zum Trotz kann Finanzminister Olaf Scholz die schwarze Null schon im nächsten Jahr nur noch trickreich, durch einen verdeckten Griff in die Asyl- und Flüchtlingsrücklage erreichen.»

dpa

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