Hessen: Rechnungshof kritisiert Kommunal-Förderung

Hessens Rechnungshof fordert vom Land und den Kommunen mehr Ausgabendisziplin. Besonders Investitionen, die Folgekosten generieren, sollen kritisch überprüft werden.

Um langfristige Haushaltsdefizite und Investitionsruinen zu vermeiden, sollten bei Förderprogrammen und Ausgaben viel häufiger Bedarfspläne, wirtschaftliche Alternativen und realistische Kalkulationen zum Einsatz kommen, sagte Präsident Walter Wallmann in Wiesbaden bei der Präsentation seines Kommunalberichts 2017.

Keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip durchführen

Die Landesregierung dürfe keine Fehlanreize durch eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip setzen.

Als konkrete Beispiele nannte Hessens oberster Kassenprüfer unter anderem millionenschwere Programme für Schwimmbäder, Kurorte, Hotelbetriebe und den Hessentag. Bei der Staatskanzlei und den verantwortlichen Fachministerien stieß die Kritik des Präsidenten auf offene Ohren.

Städte- und Gemeindebund warnt vor Sparzwang

Der Städte- und Gemeindebund warnte jedoch davor, den Kommunen noch weitere Sparzwänge aufzubürden. Die Kosten im Blick zu haben, sei natürlich wichtig, erklärte der Geschäftsführende Direktor Karl-Christian Schelzke. Die Kommunen hätten es aber wegen der vielen Pflichtaufgaben und Sparauflagen nicht alleine in der Hand, ob sie ihre Haushalte ausgleichen.

Gebührenfreiheit für Kitas wird teuer

Auch bei der geplanten sechsstündigen Gebührenfreiheit für alle drei Kindergartenjahre sieht der Landesrechnungshof Möglichkeiten der Kostensenkung für die Kommunen. Es bestehe die Gefahr, dass die vom Land zugesagten 136 Euro pro Monat für die Kita-Gebührenbefreiung nicht überall ausreichten, den bisherigen Elternbeitrag zu kompensieren. Die Einnahmelücke müssten dann die Kommunen schließen. Wallmann rechnet damit, dass nur ein Drittel der Kommunen mit den Landesmitteln ausreichend haushalten kann. Es könne aber auch zu Mitnahmeeffekten kommen, die über den tatsächlichen Bedarf hinausgehen.

Die Kommunen haben nach Einschätzung des Rechnungshofes zudem auch die Möglichkeit, ihre Kosten bei der Kinderbetreuung durch gutes Management zu senken. So könnten die Gruppengrößen überprüft und das Personal angepasst werden.

Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) erklärte, die Landesregierung habe bei ihrer Analyse für einen Beitragsmittelwert für die Kinderbetreuung ebenfalls unterschiedliche Kostenstrukturen mit teils niedrigeren Beiträgen im Land vorgefunden. Regional differierende Mieten und Nebenkosten seien etwa dafür verantwortlich.

Bei der Schwimmbad-Sanierung langfristig planen

Beim Programm des Landes in Höhe von 50 Millionen Euro zur Sanierung kommunaler Hallen- und Freibäder warnte der Rechnungshof, die Kommunen dürften nicht nur den Förderscheck aus Wiesbaden und das erste Jahr im Blick haben, sondern müssten auch an den Betrieb des Bades in den nächsten Jahrzehnten denken. Nur so ließen sich Investitionsruinen und hoch defizitäre Bäder vermeiden, die auf Jahre zu Verlusten führten.

Innenminister Peter Beuth (CDU) versicherte, dass bereits an einer neuen Förderrichtlinie gearbeitet werde. Darin sei eine Bedarfsanalyse enthalten. Zudem werde bei der Bewilligung der Förderanträge darauf geachtet, dass die Betriebskosten und der Energieverbrauch für einen wirtschaftlichen Betrieb gesenkt würden.

Bedarfsprüfung bei Kurorten

Bei der Förderung der hessischen Kurorte kritisierte Wallmann ein Gießkannenprinzip der schwarz-grünen Landesregierung. 2016 seien 13 Millionen Euro jährlich an 29 kreisangehörige Kurorte geflossen - zwischen 43.000 Euro für Grasellenbach (Landkreis Bergstraße) bis zu 3,1 Millionen Euro für das nordhessische Bad Wildungen. Dabei bestehe die Gefahr von Fehlanreizen, und dass die Kommunen in einem wirtschaftlich nicht tragfähigen Kurbetrieb verharrten. Es müsse daher dringend zu einer Bedarfsprüfung kommen. Das Land sei gefordert, einen entsprechenden Plan für die Kurorte zu erstellen. «Der Kuchen reicht nicht, damit alle Orte satt werden.»

Veranstaltung "Hessentag" vorausschauend planen

In Sachen Hessentag forderte der Rechnungshof-Präsident, dass zur Vermeidung eines millionenschweren Defizits die Planungen mindestens dreieinhalb Jahre vor dem Start beginnen sollten. Entscheidend seien realistische Kalkulationen der Besucherzahlen, gerade bei Großveranstaltungen wie Konzerten. Außerdem sollten sich die Kommunen nicht von Veranstaltern wie der Bundeswehr, den Kirchen oder Medienpartnern Standards vorschreiben lassen.

Staatskanzleichef Axel Wintermeyer erklärte, das Landesfest sei durch das seit 2015 geltende neue Konzept auf einem guten Weg und die Kosten durch frühere Machbarkeitsprüfungen besser kalkulierbar. Der Bund der Steuerzahler aber erneut eine kürzere Laufzeit des Hessentages oder einen zweijährigen Turnus für die Ausrichtung, um die Kosten zu reduzieren. Das Land zeige aber bislang wenig Reformbereitschaft, kritisierte der Vorsitzende Joachim Papendick.

dpa

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