Hessische Kommunen kündigen Finanzausgleich-Klage an

Einige hessische Städte und Gemeinden, die durch den neuen Finanzausgleich schlechter gestellt sind, gehen juristisch gegen die Neuerung vor.

Mehrere hessische Kommunen bereiten Klagen gegen den neuen kommunalen Finanzausgleich (KFA) vor. Die Bürgermeister begründeten den Schritt nach einer gemeinsamen Sitzung in Neu-Isenburg mit der Berechnungsgrundlage des neuen Systems. «Jetzt werden unsere Ausgaben künstlich klein- und unsere Ausgaben gegenüber früher hochgerechnet», kritisierten der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Karl-Heinz Schelzke, und Städtetagdirektor Jürgen Dieter. «Das Ergebnis auf dem Papier ist ein wundersamer Reichtum.»

Land verlangt aus Sicht der Kommunen "Sonderopfer"

Diese «virtuelle Geldvermehrung» nutze das Land als Rechtfertigung für das Sonderopfer der betroffenen Kommunen, erklärte die Kommunalen Spitzenvertreter. «Diese Rechtfertigung hält dem Praxistest nicht stand.» Deshalb gebe es gute Gründe für eine verfassungsgerichtliche Überprüfung. Zehn Kommunen haben nach der Sitzung einen Beschluss gefasst, Klagen beim Staatsgerichtshof einzureichen. Weitere Kommunen bereiten sich auf ein entsprechendes Vorgehen vor.

Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) reagierte mit deutlicher Kritik auf die Ankündigung: «Ich bin erstaunt, wie unsolidarisch einige der reichsten Kommunen in Hessen sind. Zu klagen steht jedem frei. Solidarität aber geht anders.» Die reichen Kommunen blieben durch den neuen KFA reich, müssten nur einen «angemessenen Teil» zugunsten finanzschwächerer Kommunen abgegeben.

Das sei genau der Zusammenhalt der Kommunen untereinander, den auch der Staatsgerichtshof eingefordert habe, erklärte Schäfer. Das würde offenbar auch die Mehrheit der reichen Kommunen so sehen, denn weniger als die Hälfte wolle klagen.

Kommunen: Nur das Land profitiert

Die Solidaritätsumlage sei ein Etikettenschwindel, denn das Geld der steuerstarken Kommunen entlaste letztlich nur das Land, begründeten dagegen die betroffenen Bürgermeister ihren Schritt. Am Ende gewinne nur der Landeshaushalt, der ohne die Umlage mehr Mittel für die ärmeren Kommunen aufbringen müsste.

«Wer unbedingt möchte, der kann sich gerne bei mir melden», sagte der Finanzminister in Richtung der betroffenen Bürgermeister. «Wir stellen alle Unterlagen gerne vorsortiert zur Verfügung. Das Porto übernehme ich.»

Die SPD-Fraktion stellte sich dagegen an die Seite der klagenden Kommunen: Der schwarz-grüne Sparkurs sei ein Sparkurs zulasten der Kommunen, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer Günter Rudolph. Vor Ort müssten Bürgermeister und Gemeindevertreter wegen der Rotstift-Politik auf drängende Investitionen verzichten, Gebühren erhöhen sowie Schwimmbäder, Jugendeinrichtungen und Büchereien schließen. Dass viele Kommunen dies nicht weiter hinnehmen wollten, sei verständlich. «Die Landesregierung darf die Kommunen hier nicht gegeneinander ausspielen.»

Finanzausgleich wurde neu geregelt

Der seit dem 1. Januar geltende neue Finanzausgleich hat die Zuwendungen des Landes an die 447 Kommunen auf eine komplett veränderte Grundlage gestellt. Die Landeszuwendungen orientieren sich erstmals an deren tatsächlichem Bedarf. Dies hat der Staatsgerichtshof verlangt. Bisher haben die Kommunen pauschal 23 Prozent des Steuerkuchens erhalten.

Nach Berechnungen des Finanzministers erhalten 83 Prozent aller 447 Landkreise, Städte und Gemeinden in Hessen höhere Zuwendungen durch den neuen KFA. Insgesamt steht 2016 auch dank der guten Konjunktur für den Finanzausgleich die Rekordsumme von 4,37 Milliarden Euro bereit. 2015 waren es rund 4,11 Milliarden Euro.

dpa

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