Steigende Pflegekosten - wie sieht Finanzierung konkret aus?
Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) fordern angesichts absehbarer Kostensprünge in der Pflege Klarheit über die Finanzierung. «Es ist an der Zeit, dass alle die Karten auf den Tisch legen», sagte Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbands, am Dienstag. Zuletzt sei viel über neue Leistungen für Pflegebedürftige und höhere Löhne für Pflegekräfte gesprochen worden. «Doch niemand wollte sagen, was das alles kostet und wer es bezahlen soll.» Zu reden sei auch über Möglichkeiten, Pflegebedürftige zu entlasten.
Enormer Kostenanstieg allein durch notwendige höhere Vergütung
Die Finanzsituation der Pflegeversicherung sei eigentlich noch bis 2023 stabil, sagte Kiefer. Durch die Beitragserhöhung um 0,5 Punkte zu Jahresbeginn und die weiterhin positive Wirtschaftslage wird laut GKV für dieses Jahr daher auch ein Überschuss von 2,66 Milliarden Euro erwartet. Wenn im Koalitionsvertrag angekündigte neue Leistungen und Ausgaben kämen, steige aber der Finanzbedarf um mindestens gut vier Milliarden Euro. Allein die geplante und nötige höhere Vergütung von Pflegekräften dürfte dabei mindestens 1,4 Milliarden Euro kosten.
«Greifen die neuen Maßnahmen ab 2021, und es gibt keine andere Gegenfinanzierung, dann müssen wir bereits in zwei Jahren mit der nächsten Beitragserhöhung rechnen», warnte Kiefer. Daher schlagen die Kassen auch neue Finanzierungselemente vor. Dabei gehe es darum, «die Pflege zu verbessern und die Lasten gerechter zu verteilen».
Länder sollten für Investitionskosten einstehen
Konkret sollten die Länder für Investitionskosten der Pflegeheime einstehen. Im Jahr 2017 habe im Bundesschnitt jeder Bewohner 5300 Euro dafür zu zahlen gehabt. Dabei gab es laut GKV aber große Unterschiede nach Ländern - von jährlich 3300 Euro pro Kopf in Sachsen-Anhalt bis zu 6400 Euro in Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Diese Eigenanteile könnten sinken, wenn die Länder sich wie gesetzlich vorgesehen an der Finanzierung beteiligten.
Kommen müsse auch eine regelmäßige Erhöhung der Leistungsbeträge, forderte Kiefer. Bisher seien die Beträge, die die Pflegeversicherung zahlt, zu selten erhöht worden. In der Folge werde mehr Leistung über höhere Eigenanteile der Heimbewohner finanziert. «Das ist der falsche Weg.» Die Kassen bekräftigten außerdem ihre Forderung nach einem Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung aus Steuergeld.
Große Koalition diskutiert "fairen Ausgleich"
Die große Koalition will über einen «fairen Ausgleich» diskutieren, um Pflege-Mehrkosten zu finanzieren. Möglich wären auch erneut höhere Beiträge. Bei den Eigenanteilen, die für die eigentliche Pflege und weitere Nebenkosten im Heim fällig werden, wollen Union und SPD «übermäßige Belastungen» erklärtermaßen vermeiden. Die Pflegekosten insgesamt steigen auch generell wegen der alternden Gesellschaft.
Die Zahl der Leistungsempfänger erhöhte sich im vergangenen Jahr weiter auf 3,7 Millionen - das waren 10,4 Prozent mehr als 2017. Die Ausgaben der Pflegeversicherung legten binnen Jahresfrist um 7,6 Prozent auf 38,2 Milliarden Euro 2018 zu.
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