Bereitschaftsdienst muss nicht wie Vollarbeit vergütet werden

Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst müssen vergütet werden. Die Arbeitsvertragsparteien können für diese Sonderformen der Arbeit aber ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit vereinbaren. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern.

Dem Urteil lag der Fall eines Rettungssanitäters zugrunde.

Notfallsanitäter klagte auf höhere Vergütung für Bereitschaftszeiten

Ein in Vollzeit beschäftigter Notfallsanitäter klagte im Jahr 2018 vor dem Arbeitsgericht Stralsund gegen seine Arbeitgeberin wegen der Vergütung von Bereitschaftszeiten, die über mehrere Jahre hinweg angefallen waren.

Die vom Sanitäter geschuldete Dienst- bzw. Arbeitsleistung setzt sich aus Vollarbeit und Bereitschaftsdienst zusammen. Bestimmte Tätigkeiten werden nur in Vollarbeit erbracht, wie beispielsweise Krankentransporte. Vollarbeit fällt auch während des Bereitschaftsdienstes an; die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt jedoch.

Der Rettungssanitäter vertrat im Verfahren die Auffassung, die Bereitschaftszeiten seien wie Vollarbeit zu vergüten. Die arbeitsvertragliche Vergütungsregelung sei unwirksam.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

LAG: Kein Anspruch auf höhere Vergütung

Arbeitsbereitschaft ist ebenso wie Bereitschaftsdienst eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 611a BGB, so das LAG Mecklenburg-Vorpommern. Dies gilt auch dann, wenn der Bereitschaftsdienst zusammen mit der regulären Arbeitszeit die wöchentliche Höchstarbeitszeit des Arbeitszeitgesetzes überschreitet.

Bereitschaftsdienst, den der Arbeitgeber nicht hätte anordnen dürfen und den der Arbeitnehmer dennoch leistet, bleibt Bereitschaftsdienst und wird nicht etwa von selbst zu voller Arbeitsleistung mit einem entsprechenden Vergütungsanspruch.

Arbeitszeitgesetz gewährleistet Gesundheitsschutz und regelt nicht die Vergütungshöhe

Hat die Ableistung der Bereitschaftsdienste gegen öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzvorschriften verstoßen und waren die zugrundeliegenden Anordnungen gemäß § 134 BGB nichtig, führt dies nicht zur Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung. Die Vorschriften zur Arbeitszeit, den Ruhepausen, zur Ruhezeit usw. dienen dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und sollen ihn vor einer die Gesundheit gefährdenden Überbeanspruchung bewahren.

Eine angemessene Vergütung der Arbeit wollen sie dagegen nicht sicherstellen. Dem Ziel des Gesundheitsschutzes steht es grundsätzlich entgegen, finanzielle Anreize für eine Überschreitung der Arbeitszeitgrenzen zu setzen, indem beispielsweise die geringere Bereitschaftsdienstvergütung auf den Stundenlohn für Vollarbeit angehoben wird. Unabhängig davon führt aber ein Verstoß gegen § 3 ArbZG nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs.

Im konkreten Fall hatten die Arbeitsvertragsparteien keine unterschiedlichen Vergütungssätze für Vollarbeit und Bereitschaftsdienst, sondern ein festes Monatsgehalt vereinbart. Bei diesem Monatsgehalt sei die unterschiedliche Intensität der Inanspruchnahme bereits berücksichtigt, wie ein Vergleich mit dem Gehalt im Falle einer regulären 40-Stunden-Woche zeige, argumentierte das Gericht. Der Rettungsssanitäter hat das vereinbarte Entgelt – nebst weiterer Entgeltbestandteile – vollständig erhalten.

Die Vergütungsvereinbarung ist nach Auffassung des Gerichts wirksam. Die Höhe des Gehalts ist nicht sittenwidrig gering (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 15.9.2020, 5 Sa 188/19).


Schlagworte zum Thema:  Urteil, Arbeitszeit