Strafen für Hass-Chatgruppen im öffentlichen Dienst
Schwachpunkte der bisherigen Rechtslage
Hintergrund der Bundesratsinitiative sind Fälle, in denen extremistische und menschenverachtende Inhalte in sogenannten geschlossenen Chatgruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes kursierten. Beteiligt an den internen Chats waren unter anderem Polizeibeamte, Justizvollzugsbedienstete oder Soldaten der Bundeswehr. Für eine Verurteilung der Beschuldigten fehlte es nach geltendem Recht jedoch regelmäßig am Tatbestandsmerkmal „Verbreiten eines Inhalts“ bzw. am Nachweis, dass die Personen die Inhalte vorsätzlich verbreiten wollten.
Die Strafbarkeit scheiterte bislang daran, dass die Straftatbestände der Volksverhetzung, § 130 StGB, und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86a StGB nicht verwirklicht werden, wenn es sich um sogenannte geschlossene Kommunikationsgruppen handelt. Eine Verbreitung im Sinne des § 130 Absatz 2 StGB setzt nach allgemeiner Auffassung ein Element von Öffentlichkeit in dem Sinne voraus, dass der Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen ist, welcher nach Zahl und Individualität so groß sein muss, dass er für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist.
Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in rechtsstaatliches Handeln
Der Bundesrat schlägt daher einen neuen Straftatbestand vor, der die Äußerung und das „Zugänglichmachen“ von volksverhetzenden Inhalten und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt, sofern die Tathandlung im Zusammenhang mit einer Dienstausübung erfolgt. Künftig würde es ausreichen, dass die Handlung der Amtsträger objektiv dazu geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in rechtsstaatliches Handeln von Behörden zu erschüttern - ein tatsächlicher Erfolgseintritt ist nicht notwendig.
Maßgeblich ist eine Einschätzung der objektiven Geeignetheit der Tat unter Gesamtwürdigung aller Umstände. Im Rahmen der Beurteilung kommt dabei in erster Linie der Qualität der Inhalte und der Quantität der Äußerungen oder dem Zugänglichmachen dieser Inhalte Bedeutung zu, da diese insbesondere Rückschlüsse auf eine verfestigte rechtsstaatsfeindliche Einstellung der Täterin oder des Täters zulassen. Als Indiz können des Weiteren die konkrete Zusammensetzung (verschiedene Dienstzweige innerhalb einer Behörde, behördenübergreifende Beteiligung) als auch die Größe etwaiger Kommunikationsgruppen Berücksichtigung finden. Dieser objektivierbare Maßstab gewährleistet, so die Gesetzesbegründung, die gebotene Bestimmtheit und Begrenzung des Tatbestandes.
Parallel dazu schlägt der Bundesratsentwurf Änderungen im Wehrstrafgesetzbuch vor, um auch extremistische Chatgruppen von Soldaten und Soldatinnen ahnden zu können.
Vertrauen in Rechtsstaat stärken
Ziel der Initiative ist es, das Vertrauen in der Allgemeinheit in den öffentlichen Dienst und den Rechtsstaat zu stärken. Der Bundesrat möchte zugleich einer Erosion der rechtsstaatlichen Kultur innerhalb von Behörden und Dienstgruppen vorbeugen, heißt es in der Entwurfsbegründung.
Gesetzentwurf geht an Bundesregierung und Bundestag
Der Entwurf wurde der Bundesregierung zugeleitet, die dazu Stellung nimmt und anschließend beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Feste Fristen, wann sich dieser mit dem Vorschlag befasst, gibt es nicht. Sollte das Parlament das Gesetz verabschieden, würde sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit befassen.
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